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Terror am Weihnachtsmarkt Attentäter Amri verkehrte im Milieu der Araber-Clans

Beim Anschlag starben 2016 zwölf Menschen. Nun werden brisante Verbindungen publik. Eine Spurensuche in Berlin-Neukölln.

Stadtbezirk Berlin-Neukölln. 350'000 Einwohner, 150 Nationen, fast die Hälfte mit Migrationshintergrund. Unterwegs mit Bezirksbürgemeister Martin Hikel, 33 Jahre, SPD, fast zwei Meter lang. Er sagt: «Neukölln ist ein Stück weit ein Brennglas für alle gesellschaftlichen Probleme, die wir in Deutschland haben.»

Eines davon sind kriminelle arabische Clans, die in der organisierten Kriminalität, im Drogenhandel, in der Prostitution tätig sind und ihr illegal erworbenes Geld zunehmend auch in Immobilien anlegen.

Flüchtlinge als Geldmaschine

«Ich würde nicht sagen, dass jedes zweite Haus Clanfamilien gehört», sagt Hikel. Aber: Ein «relevanter Teil» der Häuser dürfte in Händen von Mittelsmännern sein, die mit Clanstrukturen verbandelt seien. Hier kommen die Flüchtlinge ins Spiel.

Berliner Weihnachtsmarkt
Legende: Am 20. Dezember 2016 tötete Anis Amri 12 Menschen mit einem Lastwagen. Der Tunesier kam während der Flüchtlingskrise nach Deutschland. Dass er ein Blutbad anrichten konnte, war zahlreichen Pannen geschuldet. Reuters

Berlin befand sich in einem akuten Notstand, suchte händeringend Unterkünfte, zahlte pro Flüchtling 25-30 Euro pro Tag. Ein Geschäftsfeld für die kriminellen Clans. Sie nutzten und kauften Immobilien: «Monatlich kommen in entsprechend grossen Wohneinheiten locker 30-40'000 Euro Einkommen zusammen», sagt Hikel.

Wie dreist die Clans die Flüchtlingskrise als Geldmaschine nutzten, erklärt ein Mitarbeiter des Bezirksamts Neukölln, der sich auskennt und deshalb seinen Namen nicht nennen will.

Vom Flüchtling zum Kleindealer

Nicht einmal die Ausstattung der Unterkünfte sei legal beschafft worden. Es sei bald aufgefallen, dass nahe der Einrichtungen häufig in Haushaltswarengeschäfte eingebrochen worden sei: «Bei Durchsuchungen hat man Sachen aus diesen Einbrüchen gefunden.»

Die Clans stehen in Form des Sicherheitsmannes vor der Tür. Der Weg ist kürzer und die Leute verschwinden schneller im Dunkelfeld, als es uns lieb ist.
Autor: Martin Hikel Bezirksbürgemeister in Neukölln

Auf den Punkt gebracht: «Selbst dieses Geschäftsfeld haben die Clans in keiner Weise versucht, legal aufzubauen – bis hin zum Bettlaken, das aus kriminellen Machenschaften stammte.» Es kam durchaus vor, dass der Sicherheitsmann vor der Unterkunft auch Verbindungen zu Clans hatte – ein riesiges Problem.

Die Flüchtlinge sollten eine Fuss in die Gesellschaft kriegen, Arbeit finden, sich integrieren, sagt Bezirksbürgermeister Hikel. Aber durch den Sicherheitsmann mit Beziehungen vor der Tür der Flüchtlingsunterkunft kann es geschehen, «dass die kriminellen Clanstrukturen schneller sind als wir. Der Weg ist kürzer und die Leute verschwinden schneller im Dunkelfeld, als es uns lieb ist».

Die Clans hätten unter den Flüchtlingen, so ein Insider, alles angeworben, was Beine hat. Vor allem Jugendliche. Als Kleindealer erhielten sie den Auftrag: Stell dich einen halben Tag vor diese oder jene U-Bahnstation.

Vorfall wirft Schlaglicht auf brisante Verbindungen

Zu Anis Amri: Er dealte mit Drogen. In Neukölln ist aber kein Kleindealer auf eigene Rechnung unterwegs. Gut möglich, dass er für einen Clan tätig war. Was in diesen Tagen bekannt wurde: Im Juli 2016 stürmte Amri mit zwei Männern eine Shishabar, die als Drogenumschlag- und Konsumplatz stadtbekannt war. Es kam zu einer Messerstecherei.

U-Bahn-Station in Berlin-Neukölln
Legende: Berlin-Neukölln ist einer der hipsten Bezirke Berlins. Als Tourist kann man die versteckten Zeichen für die Clankriminalität nicht lesen. Ausser vielleicht an den vielen teuren Autos auf den Strassen einer der ärmsten Gegenden Berlins. IMAGO

Im Lokal war auch ein polizeibekanntes Clanmitglied. Wahrscheinlich handelte es sich beim Angriff um einen Streit oder Revierkampf im Drogenmilieu. Die Auseinandersetzungen seien unglaublich brutal, ja lebensgefährlich geworden, so ein Insider.

Flüchtlinge, die ins Milieu abrutschten, hätten in Kriegsgebieten unsägliche Grausamkeiten erlebt und sie quasi importiert. So fand die Polizei kürzlich nach einer Schlägerei im Drogenmilieu einen Mann, dem die halbe Gesichtshaut herunterhing.

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