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Terror-Ermittlungen Frankreich verhaftet sieben Ex-Mitglieder der Roten Brigaden

Paris will verurteilte Mitglieder der Roten Brigaden nach Italien ausliefern. Sieben von zehn Gesuchten sind in Haft.

Bei den sieben Festgenommenen handelt es um ehemalige Mitglieder der kommunistischen Untergrundorganisation «Brigate Rosse», die in Italien wegen Terrorakten verurteilt worden waren und in Frankreich geduldet wurden. Nach drei weiteren Verdächtigen, die nicht an ihrem Wohnort angetroffen wurden, werde noch gefahndet, teilte die Regierung in Paris mit.

Schwerste Fälle im Visier

Die linksextremen Roten Brigaden verübten in den 1970er- und 1980er-Jahren in Italien rund 70 Mordanschläge. Der Entscheidung, die Namen der zehn Personen an die Staatsanwaltschaft weiterzuleiten, sei eine intensive Arbeit zwischen Frankreich und Italien vorausgegangen, heisst es aus Paris.

Zu den Umständen der Festnahmen und zu den Festgenommenen machten die französischen Behörden keine Angaben. Insgesamt gebe es Anfragen der italienischen Regierung für 200 Menschen in Frankreich.

Mit den Verhaftungen ziele man auf die zehn schwersten Fälle, in welchen es zum Teil um mehrfachen Mord oder Beihilfe dazu gehe, sagt Italien-Korrespondent Franco Battel. Entsprechend hoch seien die Haftstrafen, die die Betroffenen in Italien verbüssen sollten.

Schluss mit «Mitterrand-Doktrin»

Dutzende Rotbrigadisten hatten sich ehemals nach Frankreich abgesetzt. Dass Frankreich verurteilten Linksterroristen quasi politisches Asyl gewährte, geht auf die damalige sozialistische französische Regierung unter Präsident François Mitterrand zurück. Sie stellte sich auf den Standpunkt, Italien könne den politischen Tätern keinen fairen Prozess bieten. Sie erhielten deshalb ein Aufenthaltsrecht, wenn sie der Gewalt abschworen.

Mit dieser «Mitterrand-Doktrin» hat Emmanuel Macron als erster französischer Präsident nun gebrochen, womit wieder Bewegung in die Sache kommt. Nun werde sich zeigen müssen, ob eine Auslieferung juristisch überhaupt möglich sei oder ob ein Teil der Delikte gar schon verjährt sind, erklärt Battel.

Aldo Moro.
Legende: Aldo Moro war einer der bedeutendsten italienischen Politiker der Nachkriegszeit. Als er 1978 von den Roten Brigaden entführt wurde, war er eine Schlüsselfigur der italienischen Politik. Ein Christdemokrat, der nach links blickte. Keystone/Archiv

Die aktuelle Verhaftung hängt laut Battel auch mit der günstigen politischen Grosswetterlage zusammenhängen: Eine Verständigung der Regierungen in Rom mit Mario Draghi und Paris mit Emmanuel Macron war möglich. Unter der Regierung von Movimente Cinque Stelle und Lega dagegen war das italienisch-französische Verhältnis gestört und eine solche Aktion wäre damals sicherlich nicht möglich gewesen.

Die «bleiernen Jahre»

In der Zeit zwischen 1960 und dem Ende der 1980er-Jahre erschütterten Links- und Rechtsterroristen Italien in den Grundfesten. Einer der traurigen Höhepunkte dieser Epoche war am 16. März 1978 die Entführung des ehemaligen Ministerpräsidenten Aldo Moro durch die Roten Brigaden. Im Kugelhagel in Rom starben fünf Leibwächter, der Präsident der Christdemokratischen Partei Italiens wurde 55 Tage später ermordet.

Rendez-vous, 28.04.2021, 12:30 Uhr ; 

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