- Der erste Prozess gegen den mutmasslichen islamistischen Top-Terroristen hat in Brüssel unter strengen Sicherheitsvorkehrungen begonnen.
- Der 28-jährige Franzose soll zur Terrorzelle gehören, die die Anschläge in Paris im November 2015 und in Brüssel im März 2016 verübte.
- Beim Prozess geht es um eine Schiesserei mit der Polizei in Brüssel – vor der Festnahme der Angeklagten in Brüssel. Mehrere Polizisten wurden damals verletzt.
- Dem 28-Jährigen und einem 24-jährigen Mitangeklagten werden deswegen versuchter Mord und andere Delikte vorgeworfen. Die Brüsseler Staatsanwaltschaft fordert für die beiden jeweils 20 Jahre Haft.
Zum Prozessauftakt in Brüssel sind beide Männer zu ihrer Identität befragt worden. Der Hauptangeklagte sagte zunächst, er wolle vor Gericht schweigen und keine Fragen beantworten. Dann brach der französische Staatsbürger marokkanischer Abstammung kurzzeitig sein Schweigen und sagte: «Mein Schweigen macht mich aber nicht zu einem Schuldigen oder zu einem Kriminellen.» Das Gericht solle seine eigenen Schlüsse ziehen, er vertraue auf Allah: «Ich habe keine Angst vor Ihnen».
Damit hat sich die Hoffnung zerschlagen, der 28-Jährige könnte seine monatelange Aussageverweigerung brechen und vielleicht erste Hinweise auf die Terroranschläge von Paris und Brüssel geben.
Sein mutmasslicher Komplize hingegen beantwortete Fragen des Gerichts und bestätigte, dass er aus Tunesien stamme und ein Jahr bei der IS-Terrormiliz in Syrien gewesen sei.
Beide Angeklagte sollen am Tatort gewesen sein
Der Hauptangeklagte gilt als der einzige Überlebende der Terrorzelle des sogenannten Islamischen Staats. Sie hatte am 13. November 2015 Anschläge auf die Pariser Musikhalle Bataclan, mehrere Cafés und das Stade de France verübt. 130 Menschen wurden getötet.
Der Bruder des 28-Jährigen war einer der sieben Selbstmordattentäter der Pariser Terrorattacken. Der Hauptangeklagte soll selbst mit einem Sprengstoffgürtel in Paris vor Ort gewesen sein, aber nicht gezündet haben. Stattdessen floh er nach Belgien und tauchte unter.
Als er bei einer Razzia im Brüsseler Viertel Forest am 15. März 2016 aufgespürt wurde, soll er mit Komplizen auf Polizisten geschossen und mehrere Beamte verletzt haben. Der Mitangeklagte bestätigte zu Prozessbeginn, dass er selbst sowie der Hauptangeklagte an dem Tag vor Ort gewesen seien. Auf die Polizisten geschossen habe aber nur der weitere mutmassliche Terrorist, der bei der Schiesserei getötet wurde.
Der 24-Jährige sagte weiter, der Hauptangeklagte und er hätten vorher wochenlang in einer Wohnung ausgeharrt, in der auch Waffen gelagert gewesen seien. Die eigentlichen Tatvorwürfe bestreitet er allerdings.
Untersuchungshaft in Frankreich
Drei Tage nach dieser Schiesserei wurden beide Männer im Brüsseler Viertel Molenbeek gefasst. Am 22. März 2016 sollen ihre Komplizen die Selbstmordanschläge in der Brüsseler Metro und am Flughafen verübt und 32 Menschen getötet haben.
Der Aufwand für den Brüsseler Prozess ist gross. Denn der 28-jährige Hauptangeklagte ist in einem Hochsicherheitstrakt in Frankreich untergebracht. Von dort wird er jeden Prozesstag in die belgische Hauptstadt gebracht. Der Prozess ist zunächst bis Freitag terminiert – wird aber wohl länger dauern.
Das Verfahren wegen der Anschläge in Paris beginnt frühestens 2019.