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International Thailand: Alte Auseinandersetzung mit neuen Opferkategorien?

Wieder explodierten diese Woche in Thailands Touristengebieten Bomben. Die Anschläge glichen jenen der Separatisten und die Sim-Karten der Telefone, die zur Zündung verwendet wurden, stammen aus Malaysia, dem Rückzuggebiet der Verdächtigten. Das deutet auf eine Ausweitung des Konflikts hin.

Für Anthony Davis, einen Sicherheitsexperten in Bangkok, gibt es keinen Zweifel. Er macht die muslimischen Separatisten aus dem Süden für die Bombenanschläge der letzten zwei Wochen verantwortlich. Das sagte er vor wenigen Tagen an einer Veranstaltungen im Presseklub der Ausland-Korrespondenten in Bangkok.

Seit mehr als einem Jahrzehnt verüben die Separatisten in den drei südlichen Provinzen des Landes komplexe, koordinierte Angriffe mit Sprengsätzen. Sie haben Übung, sie sind gut und keine ihrer Angriffe konnte in der Vergangenheit vereitelt werden. Sie können das, weil sie anders sind. Sie sind malaiischsprachige Muslime und haben eine andere Kultur.

Sultanat Patani bis 1909

Diese andere Kultur ist der zentrale Punkt des Konflikts. Die muslimischen Separatisten fordern seit Jahrzehnten mehr Autonomie und dass ihre kulturellen und sprachlichen Rechte anerkannt werden. Dies erklärt sich aus der Geschichte der Region, denn vor 1909 waren die drei thailändischen Südprovinzen und ein Teil der nordöstlichen malaiischen Halbinsel im eigenständigen Sultanat Patani vereint.

1909, im anglo-siamesischen Vertrag zwischen Britisch Malaysia und Thailand wurden die nördlichen malaiischen Staaten in zwei Teile geteilt. Einen Teil des Malaysischen Staates annektierte Thailand, die malaysische Bevölkerung wurde zwangsassimiliert. Die Region ist heute wirtschaftlich vernachlässigt und viele Bewohner fühlten sich als Bürger zweiter Klasse, sagt Rungrawee Chalermsripinyorat, eine thailändische Wissenschaftlerin, die den Konflikt seit Jahren verfolgt: «Die malaiischen Muslime kämpfen deshalb seit über 100 Jahren für mehr Autonomie, manche gar für Unabhängigkeit. Doch aufgeflammt ist der Konflikt vor allem wieder 2001 nach der Regierungsübernahme durch Thaksin Shinawatra.»

Audio
Thailand: Bomben im Ferienparadies
aus Rendez-vous vom 26.08.2016. Bild: Keystone
abspielen. Laufzeit 4 Minuten 9 Sekunden.

Der frühere Ministerpräsident bekämpfte die Separatisten aggressiv und löste verschiedene Gremien der Konfliktbewältigung auf. Seither wurden über 6000 Menschen getötet und weit über 10'000 verletzt. Doch die Separatisten verübten ausschliesslich Bombenanschläge auf Soldaten, Polizisten und Lehrer. Dass sie nun als Drahtzieher hinter den Anschlägen auf touristische Badeorte vermutet werden, würde eine dramatische Wende bedeuten.

Sicherheitsexperte Davis erstaunt das jedoch nicht: «Die Separatisten sind extrem unzufrieden mit dem Friedensprozess. Sie wollen zwar verhandeln, aber unter den Bedingungen, dass die thailändische Regierung internationale Vermittlung einbezieht. Das ist etwas, was die Regierung strikt ablehnt»

Für die Regierung sei das eine interne Angelegenheit. Deshalb hätten sich die Separatisten wohl gesagt, dass der Friedensprozess wirklich blockiert sei und sie den Druck erhöhen müssten.

Ist der Weckruf angekommen?

Analystin Chalermsripinyorat hofft, dass die Regierung den Weckruf ernst nimmt: «Wir müssen abwarten und sehen, was die Regierung in Bezug auf den blockierten Friedensprozess tun wird. Ich hoffe, sie hat gemerkt, dass Unterdrückung und Gewalt nur kontraproduktiv sind.» Bislang gebe es noch keine Anzeichen für eine Wiederaufnahme der Friedensgespräche.

Die Ausweitung des Konflikts sei jedoch Grund zur Sorge, so Davis: «Niemand ändert seine Strategie so dramatisch, um dann einfach nach Hause zu gehen. Falls die Regierung nun nicht reagiert und falls der Friedensprozess in den kommenden Wochen und Monaten nicht vorankommt, dann werden wir viele weitere solcher Anschläge sehen, prophezeit er. Die Bombenattentate dieser und vergangener Woche wären dann nur ein Vorgeschmack auf das, was noch kommen könnte.

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