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Tote nach Explosion Anschlag in Istanbul: Was bisher bekannt ist

    Das ist passiert: Bei einer Explosion am Sonntag im Zentrum von Istanbul sind nach offiziellen Angaben mindestens sechs Menschen gestorben, weitere 81 wurden verletzt. Die Behörden sprechen von einem Bombenanschlag. Der Anschlag ereignete sich auf der Einkaufsstrasse Istiklal im Zentrum des europäischen Teils der türkischen Metropole, auf der auch am Sonntag häufig grosses Gedränge herrscht. In einem Video auf Social Media sieht man Flammen und einen lauten Knall, während Fussgänger sich umdrehen und wegrennen.

Das sind die möglichen Täter: Die Kurdische Arbeiterpartei (PKK) hat am Montag jegliche Beteiligung an dem Anschlag in Istanbul von sich gewiesen. Es sei allgemein bekannt, dass man keine Zivilisten angreife und Operationen ablehne, die dies tun würden. Auch die syrische Kurdenmiliz YPG bestreitet, hinter dem Anschlag zu stehen.

Die Behörden haben laut eigenen Angaben die Person festgenommen, die die Bombe hinterlegt haben soll. Nach türkischen Angaben sei die mutmassliche Attentäterin Syrerin mit Verbindungen zur syrischen Kurdenmiliz YPG. Die mutmassliche Attentäterin gestand nach Angaben der Polizei auch, über Syrien in die Türkei eingereist zu sein.

Bisher wurden insgesamt 50 Personen festgenommen. Das berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu unter Berufung auf den türkischen Justizminister Bekir Bozdag am Dienstag.

Zerschlagene Fensterscheibe.
Legende: Blumen erinnern an den Anschlag. Keystone/KHALIL HAMRA

    So reagiert die Türkei: Nach Angaben des türkischen Innenministeriums wurde in der osttürkischen Provinz Tunceli eine Operation gegen die PKK eingeleitet. Die Operation ziele darauf ab, «Terroristen zu neutralisieren», die in der Region Zuflucht suchten. Das türkische Militär geht regelmässig in den östlichen Provinzen des Landes sowie im Nordirak gegen die PKK vor.

Forensiker an der Arbeit.
Legende: Forensiker an der Arbeit. Keystone/FRANCISCO SECO

Das sagt die türkische Regierung zum Anschlag: Vor seiner Abreise zum G20-Gipfel in Indonesien sprach der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan von einem «hinterhältigen Anschlag». Definitiv von Terrorismus zu sprechen, sei vielleicht falsch, schränkte der Präsident ein. Aber Gouverneur Yerlikaya habe ihm gesagt, es liege ein «Geruch von Terror» in der Luft. Vizepräsident Fuat Oktay sprach am Sonntagabend von einem «Terroranschlag». Innenminister Soylu kündigte laut TRT Vergeltung an.

So reagiert das Ausland: Bundespräsident Ignazio Cassis hat der Türkei und den Angehörigen der Opfer sein Beileid ausgesprochen. Die Schweiz drücke angesichts des Bombenanschlags ihre ganze Solidarität mit der Türkei aus, schrieb Cassis am Sonntagabend auf dem Kurznachrichtendienst Twitter.

Die Sprecherin von US-Präsident Joe Biden, Karine Jean-Pierre, verurteilte die «Gewalttat». «Wir stehen im Kampf gegen Terrorismus Seite an Seite mit unserem Nato-Verbündeten Türkei», erklärte sie weiter. Auch die deutsche Bundesaussenministerin Annalena Baerbock drückte ihr Mitgefühl aus.

Das sind die möglichen Gründe für den Anschlag: In der Türkei ist es in der Vergangenheit immer wieder zu Anschlägen gekommen – auch im Zentrum Istanbuls. 2016 hatte sich etwa ein Selbstmordattentäter auf der Istiklal in die Luft gesprengt und vier Menschen getötet. Nach Angaben der türkischen Regierung hatte der Attentäter Verbindungen zur Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Die Gruppe selbst bekannte sich damals nicht zu der Tat. In den Jahren 2015 und 2017 kam es an zahlreichen weiteren Orten in Istanbul sowie in anderen Städten der Türkei zu einer Anschlagsserie.

Der Konflikt mit der PKK

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Die PKK steht in der Türkei, Europa und den USA auf der Terrorliste – nicht aber in der Schweiz – und unterhält Stellungen in der Südosttürkei und im Nordirak. Ihr Hauptquartier liegt in den nordirakischen Kandil-Bergen.

Ankara geht regelmässig gegen die PKK, die für einen eigenen Staat Kurdistan kämpft, vor und unterhält seit 2016 auch Militärposten im Nordirak.

Der seit 1984 andauernde Konflikt kostete bislang Zehntausenden Menschen das Leben. Ein Waffenstillstand war im Sommer 2015 gescheitert.

Die Terrororganisation «Islamischer Staat» (IS) sowie Splittergruppen der PKK, etwa die Freiheitsfalken Kurdistans (TAK), bekannten sich damals zu den Anschlägen mit fast 500 Toten und mehr als 2000 Verletzten.

SRF4 News, 13.11.2022, 16:00 Uhr ; 

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