Die Vorgeschichte
- Massenproteste im Rahmen des arabischen Frühlings in Kairo führten 2011 zum Sturz des Langzeitherrschers Hosni Mubarak. Touristen kamen nicht mehr viele ins Land.
- Im Juli 2013 kam der heutige Präsident Abd al-Fattah as-Sisi durch einen Putsch gegen die erste demokratisch gewählte Regierung Ägyptens unter Staatspräsident Mohammed Mursi an die Macht. Auch dies wirkte sich stark auf den Tourismus aus.
- Am 31. Oktober 2015 stürzte ein Flugzeug mit russischen Touristen an Bord über dem Sinai ab. Es handelt sich um einen Terroranschlag. Russland stellte darauf sämtliche Flüge nach Ägypten ein. Die russischen Touristen blieben aus.
SRF News: Lange sind die Touristen aus Russland Ägyptens Stränden ferngeblieben. Nun hat sich das Verhältnis zwischen beiden Ländern entspannt. Woran merkt man das?
Astrid Frefel: Das Verhältnis zwischen Russland und Ägypten wird sowohl politisch als auch wirtschaftlich immer enger. Ein Abkommen zum Bau eines Kernkraftwerkes an der Mittelmeerküste durch Russland für 25 Milliarden Dollar ist unterschriftstreif. Präsident Sisi hat vor wenigen Tagen Präsident Putin erneut getroffen, und zwar im Rahmen des Brics-Gipfels, dem Treffen der wirtschaftlich aufstrebenden Länder. Dort hat ihm Putin versichert, dass der Wiederaufnahme der Flüge nach Ägypten nichts mehr im Wege stehe. Ägypten hat in den letzten Monaten die Sicherheit an den Flughäfen massiv verbessert.
Sind die Touristen aus Russland für Ägypten so wichtig?
Die Russen sind so etwas wie das Rückgrat der Branche. In guten Zeiten kamen jährlich über drei Millionen, das war damals ein Viertel der gesamten Anzahl an Touristen. Ihr Wegbleiben hat die Branche Anfang 2016 endgültig in die Krise gestürzt.
Profitiert Ägypten davon, dass viele wegen der Terrorgefahr nicht mehr in die Türkei reisen?
Wahrscheinlich nützt das Ägypten nur in einem beschränkten Umfang. In der Türkei ist die Hauptreisesaison im Sommer, wenn es vielen Leuten in Ägypten zu heiss ist. In Ägypten ist die Hauptreisezeit von Herbst bis in den Frühling. Das Geschäft ist anders gelagert.
Trotz erhöhter Sicherheitsmassnahmen besteht das Risiko von Terroranschlägen im ganze Land
Das EDA warnt weiterhin vor Anschlägen in Ägypten. Warum reisen trotzdem viele wieder hin?
Das Bild von Terroranschlägen in der Region ist immer noch in vielen Köpfen. Das berichten auch ausländische Tourismusverantwortliche. Und den Kampf gegen den Terrorismus im Sinai, den gibt es. Und es gibt auch immer wieder Meldungen von Auseinandersetzungen zwischen den Sicherheitskräften und Dschihadisten mit mehreren Toten. Deshalb ist es immer noch schwierig, Ägypten wieder als Reisedestination zu verkaufen. Andererseits gibt es auch die traurige Tatsache, dass sich auch in europäischen Ländern, von wo 75 Prozent der Touristen herkommen, Anschläge häufen. Und das hilft einem Tourismusland wie Ägypten.
Man kann festhalten, dass die Tourismusbranche in Ägypten wieder anzieht. Wie wichtig ist das für das Land?
Der psychologische Aspekt ist, dass die Leute das Gefühl haben, wenn es dem Tourismus gut geht, geht es dem ganzen Land gut. Ökonomisch ist vor allem die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Einnahme von Devisen entscheidend. Der Tourismus schafft Arbeitsplätze. In einem Land mit einer rasant wachsenden Bevölkerung ist das enorm wichtig. In guten Zeiten hat die Branche direkt und indirekt für jeden siebten Arbeitsplatz gesorgt. Und viele Leute profitieren ganz direkt davon, wenn Gäste im Land sind.
Das Gespräch führte Hans Ineichen.