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Trauer um Nelson Mandela Aktenzeichen «Schweiz/Südafrika» ungelöst

Die Schweiz hat mit Südafrikas Apartheid-Regime bis zum Ende enge Wirtschaftsbeziehungen unterhalten. Bereits kurz nach seiner Freilassung rief Nelson Mandela die Schweiz auf, internationale Sanktionen mitzutragen – vergeblich. Heikle Akten über damalige Wirtschaftsakteure sind bis heute gesperrt.

Mehrmals besuchte Nelson Mandela die Schweiz. Bereits wenige Monate nach der Freilassung aus jahrzehntelanger Gefangenschaft betrat er erstmals eidgenössischen Boden: Am 6. Juni 1990 appellierte er in Genf an die Weltgemeinschaft, an den Sanktionen gegen das damals noch bestehende Apartheid-Regime festzuhalten.

Wer noch nicht mitmache, solle das jetzt tun, forderte Mandela damals und nannte ausdrücklich die Schweiz. Erfolg hatte er nicht. Die Schweiz unterhielt als einziges demokratisches Land bis zum Schluss offen Wirtschaftsbeziehungen mit dem Apartheid-Staat.

Panzer, Gold und Diamanten

Der Basler Historiker Georg Kreis arbeitete zwischen 2000 und 2005 die Beziehungen zum rassistischen Regime auf, soweit dies möglich war. Die von ihm geleitete Expertengruppe kam zum Schluss, dass Teile der Schweizer Privatwirtschaft – in Zusammenarbeit mit der Bundesverwaltung und mit der Zustimmung der Ratsmehrheit – frei und uneingeschränkt mit Apartheid-Südafrika Handel getrieben hatten. Und zwar ungeachtet der Menschenrechtsfrage. Es wurden Industriegüter geliefert, Kredite für Maschinenexporte gesprochen sowie Gold, Diamanten und Panzer gekauft, wie Kreis am Tag nach Mandelas Tod gegenüber SRF sagte.

Praktisch alle grossen Schweizer Firmen waren während der Apartheid in Südafrika präsent: Nestlé, Sulzer, BBC, die Pharmaindustrie und viele andere. Äusserst wichtig für die internationalen Gold- und Geldgeschäfte Südafrikas waren auch die Schweizer Banken. Kreis will sich allerdings nicht festlegen, ob die Schweiz damit zur Verlängerung des rassistischen Regimes beigetragen hat.

Harte innenpolitische Debatte

International habe dieses Solo der Schweiz kaum geschadet, sagt Kreis. Innenpolitisch aber wurde der Streit um die «richtige» Apartheid-Politik immer erbitterter ausgetragen. Eine starke Antiapartheid-Bewegung stand einer Wirtschaft gegenüber, die eng mit dem Regime zusammenarbeitete.

Die Debatten waren laut Kreis stark polarisiert und vor allem auch zementiert. Nur die Kirchen hätten eine zunehmend kritische Haltung gegenüber den schweizerischen Wirtschaftsbeziehungen mit Apartheid-Südafrika eingenommen.

Arbeitsgruppe um Blocher

Die Arbeitsgruppe südliches Afrika um Nationalrat Christoph Blocher, der mit seiner Ems-Chemie auch handfeste Geschäftsinteressen mit Südafrika besass, dominierte die Diskussion auf der einen Seite. Die Anti-Apartheid-Bewegung stand auf der anderen Seite. In dieser engagierten sich vor allem linke, grüne und christliche Kreise.

Eine Konstellation, die weit über das Ende der Apartheid hinaus Bestand hatte und mit dem vorläufigen Sieg der rechten Südafrika-Freunde endete. So sperrte 2003 der Bundesrat nämlich Akten, die Licht in die trüben Beziehungen bringen könnten. Zu heikel schien und scheint der Regierung die Sache bis heute zu sein.

Kreis: Rücksicht vor allem auf die Banken

«Leider ist alles unverändert. Man meint noch immer, auf Schweizer Wirtschaftsakteure und hierbei vor allem auf die Banken Rücksicht nehmen zu müssen», stellt Kreis fest. Denn es besteht die Befürchtung, die Geldinstitute könnten international angeklagt werden und ihrerseits dann den Bund wegen der Aktenfreigabe verklagen. Vieles ist also ungeklärt in diesem speziellen Verhältnis und bleibt es wohl noch lange über den Tod von Nelson Mandela hinaus.

brut;akem

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