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Trump auf Nominierungsliste Wer darf Nominationen für den Friedensnobelpreis vorschlagen?

US-Präsident Donald Trump wurde jüngst für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen, und das von seinem Amtskollegen Benjamin Netanjahu. Experten vermuten in der Nominierung einen PR-Trick. Nun stellt sich die Frage: Darf Netanjahu das überhaupt? Historiker Nils Hansson ordnet ein.

Nils Hansson

Historiker

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Dr. Nils Hansson forscht an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf am Institut für Geschichte, Theorie und Medizin. Seine Forschungsschwerpunkte sind die Geschichte des Nobelpreises, Krieg und Medizin sowie die Geschichte der Chirurgie und der Eugenik.

SRF News: Wer darf jemanden für den Friedensnobelpreis vorschlagen?

Nils Hansson: Beim Friedensnobelpreis sind das ganz viele Menschen, also Politikerinnen und Politiker sowie Professoren aus allen möglichen Richtungen. In der Schweiz sind über tausend Personen vorschlagsberechtigt.

Im Gegensatz zu anderen Nobelpreiskategorien wie Physik oder Literatur ist es nicht stark geregelt. Es reicht, in irgendeinem nationalen Parlament zu sitzen oder ein Professor zu sein. Dann darf man Personen oder Organisationen nominieren.

Es gibt klare Deadlines, und diese sind immer erst Ende Januar.

Das heisst demnach, Netanjahu ist in der Position, eine solche Nominierung theoretisch zu machen?

Das ist korrekt, da er im Parlament sitzt, und das betonen sie auch. Staatsoberhäupter sind besonders willkommen, Vorschläge einzureichen. Laut Medienberichten will Netanjahu am Montag seine Nominierung einreichen. Das ist nach Statuten tatsächlich nicht möglich. Denn es gibt klare Deadlines, und diese sind immer erst Ende Januar. Und erst ab Mitte Oktober jeden Jahres darf man Nominierungen einreichen. Da würde er also scheitern.

Wenn man schaut, wie die Leute zu einer Nominierung kommen, sind es oft PR-Tricks.

Die Nominierung von Trump durch Netanjahu könnte auch eine Art PR-Trick sein.

Genau das ist es. Das Nobelkomitee bestätigte, dass mehr als 300 Kandidaten für das Jahr 2025 vorgeschlagen wurden. Wenn man schaut, wie die Leute zu einer Nominierung kommen, sind es oft PR-Tricks. Es ist eine Botschaft an die Medien: Schaut mal hier, der nächste Nobelpreis könnte Trump oder Putin werden. Was die allermeisten nicht schreiben, ist, dass eine Nominierung an sich kein Qualitätskriterium ist. Das sehen wir nur an der Breite von den Vorschlagsberechtigten.

Viele verwechseln eine Nominierung mit Nominierungen für andere Preise wie beispielsweise die Oscar Academy Awards in der Filmbranche. Dort sind fünf, sechs Nominierte auf einer Shortlist und die ganze Welt fiebert mit. Das ist beim Friedensnobelpreis nicht der Fall.           

Männer an einem Tisch mit US- und israelischer Flagge im Hintergrund.
Legende: Bei seinem Besuch im Weissen Haus übergibt Israels Premierminister Benjamin Netanjahu das Nominierungsschreiben US-Präsident Donald Trump. Keystone/ Alex Brandon

Das heisst, beim Friedensnobelpreis sind schlussendlich nur eine Handvoll Personen auf dieser Shortlist?

Genau. Mehrere hundert Kandidatinnen und Kandidaten werden jedes Jahr vorgeschlagen. Und aus dieser Longlist schafft das Nobelkomitee, bestehend aus fünf Personen, eine Shortlist. Diese ist jedes Jahr unterschiedlich lang. Die letzte Entscheidung wird dann Anfang Oktober getroffen und die Preise werden bekannt gegeben.

Friedensnobelpreisträger der letzten zehn Jahre

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  • 2024: Nihon Hidankyo (Japan)
  • 2023: Narges Mohammadi (Iran)
  • 2022: Ales Bjaljazki (Belarus), Memorial (Russland), Center for Civil Liberties (Ukraine)
  • 2021: Maria Ressa (Philippinen), Dmitri Muratow (Russland)
  • 2020: Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP)
  • 2019: Abiy Ahmed (Äthiopien)
  • 2018: Denis Mukwege (Demokratische Republik Kongo), Nadia Murad (Irak)
  • 2017: Internationale Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen (ICAN)
  • 2016: Juan Manuel Santos (Kolumbien)
  • 2015: Quartett für den nationalen Dialog (Tunesien)
  • 2014: Malala Yousafzai (Pakistan), Kailash Satyarthi (Indien)

Und wie transparent ist dieser Entscheidungsprozess?

Das ist bei allen Nobelpreisen gleich. Es ist nicht öffentlich, und man darf die Akten als Historiker erst fünfzig Jahre später einsehen. Das heisst, wir können jetzt in die Archive gucken bis 1975, und deswegen können auch die Menschen im Nobelkomitee diese Vorschläge öffentlich nicht kommentieren. Denn das unterliegt alles der Sperrfrist.

Das Gespräch führte Tim Eggimann.

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SRF 4 News, 09.07.2025, 6:51 Uhr ; 

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