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Stephan Bierling: «Trump erhöht Druck auf Europa»
Aus SRF 4 News aktuell vom 10.04.2017.
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Trumps Aussenpolitik «Streit mit Russland ist unvermeidlich»

Barack Obama sprach die Drohung aus, Donald Trump machte sie wahr. Der Politikwissenschaftler Stephan Bierling sagt, Trumps harte Haltung in der Aussenpolitik komme von seiner innenpolitischen Schwäche.

Stephan Bierling

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Legende: Universität Regensburg

Der deutsche Politikwissenschafter leitet die Professur für Internationale Politik und transatlantische Beziehungen an der Universität Regensburg.

SRF News: Vollzieht Donald Trump einen Wandel in der US-Aussenpolitik?

Stephan Bierling:Trump hat im Wahlkampf betont, er werde die USA nicht in Auseinandersetzungen in weit entfernten Ländern führen – auch um Geld zu sparen, das er innenpolitisch einsetzen will. Insofern ist es eine deutliche Abkehr sowohl von seinen eigenen Versprechungen als auch von Obamas Aussenpolitik. Wir müssen bedenken, dass Obama seit dem Ausbruch des syrischen Bürgerkrieges kaum etwas unternommen hat, um Amerika im Nahen Osten zu positionieren und einzugreifen.

Darum geht es

  • Vergangene Woche haben die USA einen Luftwaffenstützpunkt der syrischen Armee angegriffen.
  • Präsident Trump wirft der syrischen Regierung vor, im Kampf gegen die Rebellen Giftgas eingesetzt zu haben. Syriens Präsident Assad streitet dies ab.
  • Trumps Vorgänger Obama war in die Kritik geraten, weil er mit einer Intervention beim Einsatz von Giftgas drohte, aber die Drohung nicht wahr machte.
  • Mit dem Angriff haben die USA Russland verärgert – Assads wichtigsten Verbündeten.

Wie ernst ist es Trump mit seinen interventionistischen Aktionen?

Bei Trump weiss man ja nie, woran man ist. Er hat sich im Wahlkampf ein Hintertürchen offengelassen, indem er argumentierte, Obama sei aussenpolitisch schwach, man müsse mehr Stärke zeigen. Es ist heute sehr schwer abzuschätzen, ob sich ein grundlegender strategischer Wandel ankündigt – also ob Trump etwa in Nordkorea oder in Syrien eine härtere Politik als Obama durchsetzen will – oder ob es sich um den spontanen Ausbruch eines Unwohlseins im Weissen Haus handelt. Ein strategischer Wandel liegt etwas näher. Mit dem neuen Sicherheitsberater H.R. McMaster und dem Aussendepartement unter Rex Tillerson, schält sich eine kritische strategische Aussenpolitik heraus, die die USA in den nächsten Jahren verfolgen könnten.

Gerade weil er bisher so ein katastrophal gescheiterter Präsident war, kann es sein, dass er nach Projekten schielt, mit denen er breite innenpolitische Zustimmung erreicht.

Lässt sich schon abschätzen, inwiefern Trumps harte Linie in der Aussenpolitik auch Innenpolitik ist?

Bei Trump ist alles Innenpolitik. Er lebt ja quasi unter der Wahnvorstellung, dass er beliebt sein müsse und ein legitimer Präsident sei. Die Aussagen, dass seine Zuschauerzahlen bei der Amtseinsetzung viel grösser seien als diejenigen bei Obama, zeigen, dass er nach Legitimität und Unterstützung giert. In dieser Hinsicht sind die ersten zwei Monate für ihn ziemlich schlecht verlaufen. Seine Zustimmungsraten sind am Boden, seine wichtigsten Projekte scheitern vor dem Kongress oder an Gerichten. Daraus ergibt sich für Trump eine gewisse Notwendigkeit, aussenpolitische Erfolge vorzuweisen. Gerade weil er bisher so ein katastrophal gescheiterter Präsident war, kann es sein, dass er nach Projekten schielt, mit denen er breite innenpolitische Zustimmung erreicht. Das war mit den Luftschlägen gegen Assad der Fall.

Einen Rückzug auf eine Position, die Trump noch vor zwei Wochen vertreten hat – also dass sich die USA nicht einmischen wird –, gibt es nicht.

Trump hat mit dem Luftschlag Russland vor den Kopf gestossen. Bei Nordkorea setzt er jetzt China unter Druck. Was bedeutet es für die aussenpolitische Ausrichtung der USA, wenn er sich mit Russland und China anlegt?

Mit Russland ist Streit unvermeidlich. Die russische Politik der letzten vier oder fünf Jahren war den amerikanischen Interessen so diametral entgegengesetzt, dass die USA irgendwann reagieren mussten. Es war schon ein erstes deutliches Zeichen, dass Obama die Untersuchung gegen den russischen Geheimdienst angesetzt hat, der in den US-Wahlkampf eingriff.

Bei Trump ist es durchaus verwunderlich, weil er bisher immer sehr positive Signale gegen Putin ausgesendet hat. Selbst hier setzt aber die normale Schwerkraft der amerikanischen Aussenpolitik ein. Aussenminister Tillerson, der diese Woche in Moskau sein wird, hat sich überaus kritisch über Putin und die russische Aussenpolitik geäussert. Hier wird deutlich, dass die Amerikaner auf einen sehr viel härteren Konfrontationskurs zu Russland zusteuern, als man das im Wahlkampf noch annehmen konnte. Mit China ist es eine schwierigere Geschichte, weil das Nordkorea-Problem noch komplizierter und verzwickter ist als das bereits komplizierte und verzwickte Problem in Syrien – insbesondere, weil China seine schützende Hand über Kim Jong-un hält.

Welche Folgen hat es für die Weltpolitik, wenn sich Trump aussenpolitisch stark zeigt?

Es gibt endlich mal wieder Führung in den USA. Die Führung ist sporadisch und improvisiert und wir wissen nicht, was Trump will, aber schon jetzt gibt es Reaktionen aus Israel und Saudi-Arabien: Die USA seien in der Region zurück, sagt man dort. Dieses Gefühl hatte man unter Obama nicht, der das alles schleifen liess. Auch die Europäer haben in ihrer altväterlichen Art gesagt, sie könnten durchaus verstehen, dass die USA wieder in der Region eingreifen. Es wird auf jeden Fall bedeuten, dass Trump sich jetzt darum kümmern muss. Es wurde angekündigt, dass es keine Fortsetzung der Militärschläge gibt, aber Amerika ist jetzt politisch viel stärker in der Region involviert. Einen Rückzug auf eine Position, die Trump noch vor zwei Wochen vertreten hat – also dass sich die USA nicht einmischen wird –, gibt es nicht. Das wird auch den Druck auf Europa erhöhen, irgendetwas zu produzieren, und sich in der Region nicht hinter den Lari-Fari-Amerikanern zu verstecken.

Das Gespräch führte Hans Inneichen

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