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Trumps fragwürdige Einmischung US-Präsident provoziert «Tage des Zorns» im Palästinensergebiet

«Es gibt eine religiöse Dimension, aber es geht in erster Linie um Politik», sagt der SRF-Korrespondent im Nahen Osten.

SRF News: Hat Trump mit seiner Ankündigung, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen, in der Region Empörung ausgelöst?

Philipp Scholkmann: Allerdings. Trump hat mit dem palästinensischen Präsidenten Abbas geredet, aber auch mit den Herrschern der umliegenden Staaten, mit dem jordanischen König, mit dem ägyptischen Präsidenten zum Beispiel und alle haben Trump eindringlich davor gewarnt, sein Wahlversprechen wahr zu machen und Jerusalem als israelische Hauptstadt anzuerkennen.

Sogar der saudische König, dieser wichtigste arabische Verbündete Trumps, zeigte sich alarmiert und sprach von einer Provokation für Muslime.

Alle haben Trump eindringlich davor gewarnt, sein Wahlversprechen wahr zu machen.

Warum ist denn Jerusalem auch für Palästinenser derart wichtig?

Philipp Scholkmann

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Portrait von Philipp Scholkmann

Scholkmann ist Nahost-Korrespondent bei Radio SRF. Vor seiner Tätigkeit im Nahen Osten war er Korrespondent in Paris und Moderator bei «Echo der Zeit».

Es gibt eine religiöse Dimension. Jerusalem ist die Stadt des Felsendoms. Mohammed soll von dort zu einer Himmelsfahrt aufgebrochen sein, während Jerusalem für Juden das Zentrum ihres Glaubens ist und der Ort, wo die jüdischen Tempel standen, aber es geht in erster Linie um Politik. Die Palästinenser wollen, dass der östliche Teil Jerusalems die Hauptstadt eines künftigen palästinensischen Staates wird. Diese kann deshalb nicht einfach so Israel zugesprochen werden, das war bisher auch die einhellige Position der Staatengemeinschaft, dass hier Streit herrscht und dass man diesen Konflikt nur mit Verhandlungen im Hinblick auf eine Teilung lösen könne. Die Verhandlungen sind seit Jahren festgefahren.

Bestätigt der US-Präsident mit der Anerkennung von Jerusalem als Hauptstadt Israels nicht einfach den Ist-Zustand?

In der israelischen Regierungskoalition sieht man das sicher so. Israel hat vor 50 Jahren im Sechs-Tage-Krieg die östlichen und palästinensisch bewohnten Teile Jerusalems dazu erobert und annektiert Die Palästinenser in Jerusalem leben seither in ihrer Heimatstadt mit israelischer Aufenthaltsbewilligungen, die auch entzogen werden kann. Es werden laufend neue jüdische Wohnsiedlungen in Ostjerusalem gebaut. Das unterstreicht Israels Anspruch auf Jerusalem als unteilbare Hauptstadt, genauso wie die grosse Mauer, mit denen Israel die östlichen Stadtquartiere Jerusalems vom restlichen Palästinensergebiet abtrennt. Von der internationalen Staatengemeinschaft wurde das alles aber nie anerkannt.

Viele arabische Politiker haben Trump vor einem neuen Flächenbrand im Nahen Osten im Falle der Botschaftsverlegung gewarnt. Könnte das wirklich zur Eskalation führen?

Im Palästinensergebiet wurden für den Rest der Woche Tage des Zorns ausgerufen.

Manche der arabischen Warnungen gehen in diese Richtung. Im Palästinensergebiet wurden für den Rest der Woche Tage des Zorns ausgerufen. In Washington aber rechnet man sich wohl aus, dass die Palästinenser zu schwach und zu zerstritten sind und dass die Bevölkerung zu resigniert, um anhaltenden Protest – einen dritten Palästinenseraufstand zum Beispiel – loszutreten. Trump hat Anfang Jahr einen Deal versprochen, um Frieden in den Nahen Osten zu bringen. Wie er das mit so einseitigen Massnahmen bewerkstelligen will, bleibt sein Geheimnis.

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