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Trumps Steuersenkungspläne «Eine banale Rechenaufgabe zeigt, dass das so nicht gehen kann»

Die massiven Steuersenkungen dürften es im Kongress sehr schwer haben, glaubt der in den USA lehrende Ökonom Alfred Mettler. Denn durch sie werde das Staatsdefizit stark ansteigen.

Alfred Mettler

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Der Ökonom Alfred Mettler ist Finanzprofessor an der Universität von Miami. Er lebt seit 1998 in den USA, kennt aber auch den Finanzplatz Schweiz: Früher arbeitete Mettler am Bankeninstitut der Universität Zürich.

SRF News: Bedeuten Trumps Pläne tatsächlich die grösste Steuerreform seit Jahrzehnten, wie seine Regierung behauptet?

Alfred Mettler: Das ist schwierig zu sagen. Auf jeden Fall kommt sie so daher. Allerdings sind bei Trump die Schlagzeilen immer gross, aber unter dem Strich bleibt sehr vieles unklar. Er präsentiert ein Potpourri an Massnahmen, die Auswirkungen in alle Richtungen haben. So schlägt er bei Privatpersonen gleichzeitig höhere und an anderen Orten tiefere Abzugsmöglichkeiten vor. Er sagt, die Steuersätze sollen für alle tiefer sein, ohne aber zu verdeutlichen, bei welchen Einkommen welche Sätze greifen. Auch schafft er Spezialsteuern für Wohlhabende ab, wobei völlig unklar ist, wer eigentlich wie viel profitiert und was am Ende für den Staat übrig bleibt.

Die Unternehmenssteuer soll von 35 auf 15 Prozent mehr als halbiert werden – das ist wohl schon eine massive Steuererleichterung?

Das sieht tatsächlich so aus. Aber auch hier liegt der Teufel im Detail. Diese Reduktion betrifft nur eine bestimmte Anzahl kleiner und mittlerer Unternehmen, die aus speziellen Branchen kommen. Die grossen, multinationalen Unternehmen profitieren dank den legalen Steuerkonstrukten schon jetzt von faktisch sehr tiefen Steuersätzen. Viele Unternehmen sind von der Reduktion deshalb gar nicht betroffen. Die möglichen Auswirkungen der trumpschen Pläne sind darum ähnlich unklar, wie es die Folgen der Unternehmenssteuerreform III vor der Abstimmung in der Schweiz waren.

Bei all der Unsicherheit ist klar: Steuersenkungen führen zu Mindereinnahmen für den Staat. Wie sollen die kompensiert werden?

Das ist das Hauptproblem. Es dürfte im Senat zu den heftigsten Diskussionen führen. Trump äussert sich ganz einfach nicht zu diesem Thema. Er und sein Kabinett werden nicht müde zu sagen, dass eine Kombination aus Steuerreduktionen, weniger Regulierung und einer neuen Handelspolitik ganz einfach zu einem so massiven Wachstum führen werde, dass der Saldo am Schluss positiv wird. Doch das sind bloss Behauptungen, welche weder beweisbar noch widerlegbar sind. Aber waghalsig sind sie sehr wohl.

Eine Erhöhung des Staatsdefizits ist ein Sakrileg für die republikanische Partei.

Schon im Wahlkampf sagte Trump, Steuersenkungen würden zu einem massivem Wachstum führen. Ist das realistisch?

In der ökonomischen Theorie gibt es tatsächlich Ansätze, die zeigen, dass Steuersenkungen für die Wirtschaft positiv sind. Allerdings geht man in der Theorie jeweils von einzelnen Massnahmen aus, die eine durchschlagende Wirkung entfalten. In der Realität ist das immer anders, weil eine Steuersenkung immer auch viele Nebenwirkungen hat. Ob Massnahmen am Ende zu einem Wirtschaftswachstum führen, lässt sich deshalb kaum zuverlässig voraussagen.

Der Kongress muss die Änderungen am Steuergesetz absegnen. Denken Sie, dass Trumps Revision tatsächlich durchkommt?

Bei der Gesundheitsreform hat man gesehen, wie politisch unerfahren – um nicht zu sagen dilettantisch – Trump und die Republikaner die Vorlage aufgegleist hatten. Umfassende Gesetzesänderungen haben es im US-Parlament erfahrungsgemäss enorm schwer. Das Hauptproblem an den Steuervorschlägen ist, dass sie in ihrer Gesamtheit garantiert das Staatsdefizit erhöhen werden. Und das ist eigentlich ein Sakrileg für die republikanische Partei. Deshalb gehe ich davon aus, dass die Vorschläge so nicht durchkommen werden. Trump hat sich den gordischen Knoten im Grunde genommen selber geknüpft, indem er immer gesagt hat, er könne die Ausgaben erhöhen, die Steuern senken und gleichzeitig das Defizit abbauen. Doch eine ganz banale Fünftklässler-Rechenaufgabe zeigt, dass das so am Schluss nicht funktionieren kann. Und das wird wohl auch Präsident Trump früher oder später einsehen müssen.

Das Gespräch führte Hans Ineichen.

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