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Peter Gysling über Gerichtsurteil
Aus Tagesschau vom 18.07.2013.
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International Überraschende Haftbeschwerde im Fall Nawalny

Fünf Jahre Lagerhaft: So lautete am Morgen der Schuldspruch gegen den Kreml-Kritiker Alexej Nawalny. Danach wurde er noch im Gerichtssaal verhaftet. Nun hat die russische Generalstaatsanwaltschaft überraschend Beschwerde gegen die Inhaftierung eingelegt.

Von einem Schauprozess ist die Rede: Der bekannte russische Oppositionspolitiker Alexej Nawalny ist wegen Veruntreuung zu fünf Jahren Haft und einer Busse von 500'000 Rubel verurteilt worden. Gleich nach der Urteilsverkündung wurde der Kreml-Kritiker in Handschellen abgeführt. Dagegen hat nun die russische Generalanwaltschaft Beschwerde eingelegt. Überraschend. Es gebe keine Gründe dafür, weil das Urteil nicht rechtskräftig sei, lautete die schlichte Begründung der Behörde für ihre Eingabe.

Für Freitag sei eine weitere Verhandlung in der Stadt Kirow über die Haftbeschwerde angesetzt, teilte Nawalnys Anwalt mit.

Anhänger gehen auf die Strasse

Nach dem Urteil versammelten sich in vielen Grossstädten Russlands Tausende Menschen spontan zu Protesten. Allein in Moskau sprach die Opposition von 20'000 Demonstranten, wie das Internetportal kasparov.ru berichtete. Demnach gab es Dutzende Festnahmen.

Laut Einschätzung von SRF-Korrespondent Peter Gysling haben sich lediglich etwa 4000 Menschen in Moskau versammelt. Die Polizei könne im Moment nicht richtig durchgreifen, mitten im Berufsverkehr. Das Aufkommen der Sicherheitskräfte sei jedoch massiv.

Politisch neutralisieren

«Es ging in dem Prozess darum, Nawalny kalt zu stellen, ihn hinter Gittern zu bringen damit er sich nicht für politische Ämter bewerben kann», sagt Gysling. Von einem Schauprozess rede nicht nur die Opposition. Auch der ehemalige Finanzminister Alexej Kudrin – eigentlich ein Verbündeter von Präsident Wladimir Putin – sprach von einem politischen Prozess.

Längerfristig könnte sich die russische Führung mit dem Urteil jedoch einen Bärendienst erwiesen haben. Die Betroffenheit und das Entsetzen über das Urteil seien in einem breiten Teil der russischen Bevölkerung gross.

In russischen Oppositionskreisen gilt der Blogger, Anwalt und Korruptionsaufdecker Nawalny als derzeit wichtigste Führungsfigur. «Trotz seiner zuweilen nationalistischen Äusserungen», sagt Gysling. Nawalny habe Putins Partei «Einiges Russland» als «Partei der Gauner und Diebe» gebrandmarkt. Dank Recherchen konnte er hochrangige Mitflieder des russischen Parlamentes der Korruption überführen.

Die Vorwürfe gegen Nawalny

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Nawalny wurde vorgeworfen 2009 als Berater eine staatliche Holzfirma um umgerechnet rund 500'000 Franken geprellt zu haben. Die Staatsanwaltschaft hatte sechs Jahre Arbeitslager für den 37-Jährigen gefordert. Der prominente Kämpfer gegen Korruption wies die Vorwürfe hingegen stets als politische Inszenierung des Kreml zurück.

Verzicht auf Kandidatur

Nawalny entschloss sich nach dem Schuldspruch auf seine Teilnahme an der Bürgermeisterwahl in Moskau zu verzichten. Seine Kandidatur für die Abstimmung am 8. September werde zurückgezogen, teilte der Chef des Wahlkampfstabs, Leonid Wolkow, der Agentur Interfax zufolge mit.

«Das Format der Agitation ändert sich. Der Wahlkampfstab wandelt sich in einen Boykottstab», sagte er. So sei das mit Nawalny vorab für den Fall seiner Verhaftung besprochen worden. Nawalny hatte seine Anhänger in der Vergangenheit mehrfach aufgefordert, nicht tatenlos zu bleiben.

Harte Kritik aus Brüssel

Die EU-Aussenbeauftragte Catherine Ashton kritisierte das Urteil von Kirow scharf. «Dieses Ergebnis wirft angesichts verfahrenstechnischer Mängel ernsthafte Fragen über den Zustand der Rechtsstaatlichkeit in Russland auf», erklärte ein Sprecher Ashtons.

Die USA zeigten sich «tief enttäuscht über die Verurteilung von Nawalny und die offensichtlich politische Motivation dieses Verfahrens», schreibt der US-Botschafter in Moskau, Michael McFaul, beim Kurznachrichtendienst Twitter.

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