Was ist passiert? Nach tagelangen heftigen Niederschlägen ist es im Süden Brasiliens zu schweren Überschwemmungen gekommen. Mindestens 90 Personen sind dabei bislang ums Leben gekommen. Zudem gebe es 361 Verletzte und mehr als 100 Vermisste, berichteten übereinstimmend mehrere Medien unter Berufung auf den Zivilschutz des südamerikanischen Landes.
Welche Folgen haben die Überschwemmungen? Mehr als 1.3 Millionen Menschen in 388 Ortschaften des Bundesstaates Rio Grande do Sul sind von dem Hochwasser betroffen. «150'000 haben das Dach über dem Kopf verloren, 50'000 konnten mittlerweile in Notunterkünften untergebracht werden», sagt ARD-Korrespondentin Anne Herrberg in Rio de Janeiro.
Fast 70 Prozent aller Gemeinden in Rio Grande do Sul seien von der Naturkatastrophe betroffen. «Die Menschen haben vielerorts keine Internetverbindung, keine Telefonie, das heisst, sie können mit ihren Angehörigen teilweise nicht kommunizieren.» Vielerorts fehle auch der Strom, sagt Herrberg. In der Regionalhauptstadt Porto Alegre ist derweil der gesamte Flugbetrieb eingestellt worden. Bilder zeigen Überschwemmungen bei den Wartebereichen und den Landepisten der Flugzeuge.
Wie gehen die Rettungs- und Bergungsarbeiten vor Ort voran? Laut ARD-Korrespondentin Herrberg stehen einerseits das Militär und die Marine vor Ort im Einsatz. Letztere sende ihr grösstes Marineschiff zur Hilfe in das betroffene Gebiet. Es gebe aber auch viele private Hilfsaktionen von Unternehmen und Stars, die Helikopter oder Trucks mit Lebensmitteln senden oder zu Spenden aufrufen.
Überschwemmungen im Süden Brasiliens
Trotz der grossen Solidarität gehe es nur «sehr beschwerlich voran, weil ja nach wie vor viele Teile in Rio Grande do Sul unter Wasser stehen». In Porto Alegre hätten mittlerweile aber viele Strassen wieder repariert werden können, was bei den dortigen Rettungsarbeiten hilft. Doch vielerorts stehe das Wasser noch immer so hoch, dass gerade nur die Häuserdächer herausragen würden, so Herrberg.
Was unternimmt die brasilianische Regierung? Staatspräsident Luiz Inácio Lula da Silva war am Sonntag zum zweiten Mal in das betroffene Gebiet gereist. Er sprach von einer der grössten Überschwemmungen in der Geschichte des Landes. Am Montag kündigte er einen Entwurf eines Gesetzesdekrets an, um den Wiederaufbau des Bundesstaates zu beschleunigen.
Wie dürfte sich die Lage in den nächsten Tagen entwickeln? Der Zivilschutz warnte auch am Dienstag in bestimmten Gebieten vor der Gefahr weiterer Überschwemmungen und Erdrutsche. Für diese Woche werden weitere heftige Niederschläge vorausgesagt. Noch seien die Überschwemmungen nicht zurückgegangen, bei weiterem Regen würde sich das Wasser aufaddieren, sagt Herrberg. Hinzu käme auch, dass eine Kaltfront über die betroffenen Gebiete ziehen könnte. «Die grosse Sorge ist, dass die Menschen, die in abgelegenen Gemeinden leben und noch nicht gerettet werden konnten, von dieser Kältewelle überrascht werden.» Auch in der Regionalhauptstadt Porto Alegre zeichnet sich eine Beruhigung der Lage noch nicht so bald ab. Die Stadt liege in einer Tiefe nahe dem Guaíba-Fluss, sagt Herrberg. «Dieser Fluss hat einen Rekordpegelstand von mittlerweile über fünf Metern.» Normalerweise wäre bereits bei drei Metern die Überschwemmungsgrenze erreicht, so Herrberg. Man gehe deshalb davon aus, dass das Zentrum noch mindestens zehn Tage lang unter Hochwasser bleibe.