Seit diesem Monat geht das Datensammeln in China noch einen Schritt weiter. Denn Kunden müssen nun auch ihr Gesicht hinhalten, wenn sie eine neue SIM-Karte kaufen. Eine Identitätskarte reicht nicht mehr. Das bringe Vorteile, sagt Ben Cavender von der China Market Research Group in Schanghai. Denn in China sei Telefonbetrug nach wie vor sehr verbreitet. «Ohne Gesichtserkennung ist es immer noch relativ einfach, Personendaten zu stehlen und unter anderem Namen eine Telefonnummer zu beantragen», betont Cavender.
Kundenüberwachung wird einfacher
Neben dem Sicherheitsaspekt dürften die Telekomfirmen auch auf kommerziellen Nutzen hoffen. «Es macht es für sie einfacher, die Kunden zu überwachen. Sie werden dank der zusätzlichen Daten mehr Dienstleistungen anbieten können. Etwa Finanzdienstleistungen und andere Produkte, bei denen die Gesichtserkennung hilfreich ist», so Cavender weiter.
Auch der chinesische Staat ist interessiert daran, mehr Daten über seine Bürger zu sammeln. Das Bewusstsein bezüglich Datenschutz ist in der chinesischen Bevölkerung vor allem im Vergleich zu Europa wenig ausgeprägt.
Für Schlagzeilen sorgte deshalb der Fall von Jura-Professor Guo Bing. Er wehrte sich gegen das Datensammeln und klagte gegen einen Wildtierpark in Hangzhou in Ostchina, weil der Park sein Gesicht scannen wollte. Ob die Klage Erfolg hat, ist schwer abzuschätzen. Auch weil es in China noch kein entsprechendes Gesetz gibt, das die Gesichtserkennung regulieren würde.
Gesetz würde Staat nicht betreffen
«Sogar, wenn wir in Zukunft ein solches Gesetz haben, wird die Gesichtserkennung weiter angewandt werden», erklärt der bekannte Anwalt Li Hongpeng. «Es gibt womöglich Einschränkungen für den kommerziellen Nutzen. Wenn es aber um die öffentliche Sicherheit geht oder die Interessen des Staates, wird diese Technologie weiterhin genutzt.»
Anwalt Lee positioniert sich hier klar. Ein Datenschutzgesetz würde allenfalls für die Wirtschaft gelten. Polizei, Sicherheitsbehörden oder gar die Partei wären davon kaum betroffen. Sie werden weiter Daten über ihre Bürger sammeln – auch mithilfe von chinesischen Hightech-Firmen, die auf dem Gebiet der Gesichtserkennung weltweit zur Spitze gehören.