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Ukraine-Konflikt Wie Putin die Entsendung von Truppen begründet

  • In seinem Arbeitszimmer im Kreml holt Russlands Präsident Wladimir Putin bei einer Fernsehansprache zum Frontalangriff gegen die Ukraine aus.
  • Das Land existiere überhaupt nur dank Russland, dank dem kommunistischen Revolutionsführer Wladimir Iljitsch Lenin. Er habe vor mehr als 100 Jahren die Grenzen gezogen; er sei Autor, Architekt der Ukraine, sagt Putin am Montagabend.
  • Und trotzdem wende sich die Ukraine ab von dieser Geschichte, habe sich zum «Marionetten-Regime» der USA machen lassen, wo radikale Nationalisten und Neofaschisten eine antirussische Politik führten.

«Die heutige Ukraine ist ganz und gar von Russland erschaffen worden», sagt der russische Präsident. Mit erhobenem Zeigefinger klingt Wladimir Putin in der fast einstündigen Rede zeitweilig so, als spräche er dem Land die Daseinsberechtigung ab. Am Ende erkennt er die «Volksrepubliken Luhansk und Donezk» als unabhängige Staaten an – und schickt russische Soldaten «zur Wahrung des Friedens» dorthin.

Luzia Tschirky: Putin sagt Dinge «ohne Hand und Fuss»

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Luzia Tschirky
Legende: SRF-Korrespondentin Tschirky SRF

Was Putin in seiner Rede sage, sei aus Sicht von Ukrainerinnen und Ukrainern «empörend», betont SRF-Korrespondentin Luzia Tschirky in Kiew. «Er stellt eigentlich die Existenz der Ukraine komplett in Frage und hat beispielsweise Dinge gesagt, dass Lenin diesen Staat so geschaffen habe – was aus historischer Sicht weder Hand noch Fuss hat.»

Grundsätzlich liesse sich eine Logik aus Putins Worten nur schwer ableiten, hält Tschirky fest. Was der russische Präsident aber klargemacht hat, sei, «dass er einzig und allein in weiten Teilen über das Schicksal der Ukraine entscheidet.»

«Sanktionen stärken Russland nur»

Damit enden nicht nur rund sieben Jahre lange Gespräche zur Umsetzung des unter deutsch-französischer Vermittlung in Minsk ausgehandelten Friedensplans. Der Entscheid stürzt Russland auch noch tiefer in die Krise mit dem Westen. Aber Putin macht seit langem deutlich, dass ihn Sanktionen des Westens nicht kümmern. Die USA und die EU fänden immer einen Vorwand für Strafmassnahmen - die Russland aber letztlich eher stärker machten.

Putin hält Rede.
Legende: Putin hatte schon nach der Krim-Annexion deutlich gemacht, dass Russland sein Verhalten durch den Druck des Westens nicht ändere. Keystone

Nach der Krim-Annexion vor acht Jahren hatte er schon deutlich gemacht, dass Russland sein Verhalten durch den Druck des Westens nicht ändere. Damals wie heute erklärt Putin sein Vorgehen mit dem Schutz der russischsprachigen Welt. Er spricht in seiner Rede von einem «Genozid» an den Russen in der Ostukraine.

Putins Plan: Nato-Beitritt der Ukraine stoppen

Moskaus Führung besteht darauf, dass wegen der ukrainischen Verbrechen gegen die russischsprachige Bevölkerung im Donbass kein anderer Weg bleibe. Insofern macht Wladimir Putin mit der Anerkennung von Luhansk und Donezk als unabhängige Staaten das, was nicht nur die prorussischen Separatisten von ihm verlangen. Auch das russische Parlament hatte mehrheitlich einen entsprechenden Aufruf an Putin verabschiedet.

Es ist dasselbe Vorgehen, mit dem Russland nach einem kurzen Krieg 2008 Georgien bestrafte. Wie die Ukraine heute verlor die Ex-Sowjetrepublik damals ebenso die Kontrolle über Gebiete, genauer die Regionen Abchasien und Südossetien. Auch sie fristen seither als von Russland abhängige «Länder» ihr Dasein. Russland hat in den «unabhängigen Staaten» Tausende Soldaten stationiert.

Und wie heute galt der Schritt auch damals als Versuch, den angestrebten Beitritt zur Nato zu stoppen. Moskaus Kalkül ist, dass das westliche Militärbündnis keine Staaten aufnimmt, die offene Wunden in Form ungeklärter Territorialkonflikte haben.

Wir wissen, dass es bereits Berichte gab, die Ukraine wolle ihre eigenen Atomwaffen herstellen. Das ist keine leere Prahlerei.
Autor: Wladimir Putin Russischer Präsident

Putin machte kurz vor seiner Entscheidung zur Ukraine auch deutlich, dass er eine Mitgliedschaft des Landes in der Nato auf jeden Fall verhindern wolle. Schon heute, führt Putin weiter aus, nutze die Nato die Ukraine für eine Vielzahl von Operationen. Der Westen rüste das Land militärisch auf – und bedrohe so die Sicherheit Russlands. Der frühere Geheimdienstchef behauptet zudem, es bestünde Gefahr, dass das zu Sowjetzeiten mit Atomwaffen ausgerüstete Land auf das alte Wissen zurückgreife und erneut nach Nuklearwaffen strebe.

Putins Idee eines neuen Imperiums

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Putin steht seit langem im Westen im Verdacht, 30 Jahre nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion ein neues Imperium errichten zu wollen. Er hat – zum Ärger Kiews –Russen und Ukrainer immer wieder als ein Volk bezeichnet. Dazu hatte er bereits im Juli einen Aufsatz zur «Historischen Einheit von Russen und Ukrainern» verfasst. Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski wies das kategorisch zurück.

In dem Artikel beklagte Putin, dass die Ukraine heute «Russenfeindlichkeit» zur Staatspolitik mache und vom Westen gesteuert werde. Vor diesem Hintergrund meinte er, die Menschen hätten in Donezk und Luhansk zu den Waffen gegriffen, «um ihre Häuser, ihre Sprache, ihr Leben zu schützen».

Auch in diesen Tagen bietet er sich als Beschützer dieser Einheit an. Zeitgleich rechnet er mit dem Westen und der US-Politik ab – und droht der Ukraine mit Massnahmen, sollte sie sich nicht fügen.

SRF 4 News, 22.02.2022, 06:00 Uhr ; 

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