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Umstrittenes Abkommen Weltschifffahrtsorganisation einigt sich auf Klimaziele

Die Branche zeigt sich zufrieden, von Umweltorganisationen gibt es aber Kritik.

Die International Maritime Organisation (IMO), die Schifffahrtsorganisation der UNO, hat sich auf Klimaziele für die Schifffahrt geeinigt. Diese ist für rund drei Prozent des jährlichen Ausstosses von CO₂ verantwortlich. Welchen Wert dieses Abkommen hat, ist allerdings umstritten. Während sich die Branche selbst zufrieden zeigt, gibt es etwa von Umweltorganisationen Kritik.

Daniel Barcarolo ist mit dem Resultat der IMO-Konferenz durchzogen zufrieden. Er studierte Schiffs- und Meerestechnik und ist heute Spezialist für Regulierungen und Standards am Mærsk Mc-Kinney Møller Center for  Zero Carbon Shipping  in Kopenhagen, Dänemark. Diese Non-Profit-Organisation versucht, CO₂-neutrale Schiffsantriebssysteme auf der Basis von Wasserstoff zu entwickeln.

Ein politischer Kompromiss

Barcaloro hätte gern gesehen, wenn sich die IMO deutlich dafür ausgesprochen hätte, das Pariser Klimaschutzabkommen vollständig umzusetzen. Der Beschluss spricht nun aber nicht von einer emissionsfreien Schifffahrt bis spätestens 2050, sondern um 2050. «Das ist nicht perfekt, aber ein politischer Kompromiss», so Barcaloro.

Ein Containerschiff von Cosco Shipping
Legende: Die globale Schifffahrt ist für rund drei Prozent des jährlichen CO₂-Ausstosses verantwortlich. Keystone/Christian Charisius (Archiv)

Abgesehen davon sei das Verhandlungsergebnis für die IMO ein Erfolg, aber der Weg dahin über die vergangenen Tage sei eine Achterbahnfahrt gewesen. Manchmal habe es ausgesehen, als ob ein grossartiger Beschluss möglich sei, manchmal habe er die Hoffnung fast verloren.

Klare Visionen und Etappen

Nach den ersten, sehr mutlosen Klimazielen der IMO, enthält der jetzige Beschluss klare Visionen und Etappen, die es zu erreichen gilt. Das sei bemerkenswert in einem UNO-Gremium mit 175 Staaten, die sich auf eine Resolution einigen müssen.

Konkret müssen die Staaten bis 2027 die Vereinbarung ratifizieren. Das ist ein wichtiger Schritt, um die Klimaziele überhaupt umsetzen zu können. Und besonders wichtig findet Daniel Barcarolo, dass klimaschädliche Gase im Vertrag ein Preisschild erhalten.

Diese Regelung war stark umstritten. Gewehrt haben sich viele ärmere Staaten. Sie befürchten, dass sie bei zu strengen Regeln mit der Entwicklung nicht mithalten können oder die Preise für Rohstoffe und Lebensmittel zu stark steigen. Sie hätten sich aber nicht zuletzt von den durch die Klimaerwärmung gefährdeten Pazifikinseln überzeugen lassen. «Die IMO musste ein Zeichen setzen als klare Verpflichtung für die Schifffahrtsindustrie und die Gesellschaft», sagt Barcarolo.

Beschluss bringt Planungssicherheit

Denn für die Schifffahrt bringt der Beschluss eine gewisse Planungssicherheit. Schiffseigner stehen vor grossen Investitionen, die sie nun in Angriff nehmen könnten. Sei es, dass sie vermehrt emissionsfreie Treibstoffe einsetzen, die Schiffe mit Windsegeln versehen oder das CO₂ an den Schornsteinen herausfiltern.

Handeln würden sie wohl unterschiedlich schnell, sagt Barcarolo vom Forschungszentrum Zero Carbon Shipping: «Für innovative Konzerne ist es eine Erleichterung und die Bestätigung, auf die richtige Strategie gesetzt zu haben. Für die Nachfolger ist es ein Zeichen, die Ziele schneller umzusetzen. Und die Zögerer warten jetzt, wie die IMO die Beschlüsse umsetzt. Darum ist es wichtig, dass nun schnell konkrete Regeln eingeführt werden.»

Es ist wichtig, dass nun schnell konkrete Regeln eingeführt werden.
Autor: Daniel Barcarolo Regulierungsspezialist Zero Carbon Shipping

Nach den harten Verhandlungen wartet jetzt Arbeit auf die IMO. Schon bis in einem Jahr will sie erste Vorschläge vorbereitet haben, wie die Klimastrategie für die Schifffahrt konkret umgesetzt wird. Dabei muss geschaut werden, wie diese zu den bereits beschlossenen CO₂-Beschränkungen passt, die zum Beispiel die Europäische Union in ihren Häfen in Kraft setzen will. Und nicht zuletzt muss sie definieren, wie viel konkret Reedereien für die Emissionen ihrer Schiffe zahlen müssen.

Echo der Zeit, 08.07.2023, 18:00 Uhr

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