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Afghaninnen wieder an Universität – getrennt von den Männern
Aus SRF 4 News aktuell vom 03.02.2022. Bild: Keystone
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Umsturz in Afghanistan Taliban öffnen erste staatliche Universitäten – auch für Frauen

Es gibt wieder Vorlesungen an einigen Hochschulen in Afghanistan. Welche davon auch Frauen besuchen dürfen, ist noch unklar.

Die öffentlichen Universitäten in Afghanistan waren seit der Machtübernahme der Taliban im August 2021 geschlossen. Diese Woche hat der Unterricht wieder begonnen. Wie das Bildungsministerium unter dem neuen Regime die Vorlesungen für Männer und Frauen gestalten will, war lange unklar. Nun gilt, dass die Klassen nach Geschlechtern getrennt sein müssen. Vor dem Sturz der Regierung war dies anders.

Neue Unterrichtsregeln an Universitäten

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Legende: Ein Paravent zwischen Männern und Frauen: So kann Unterricht auch stattfinden. Keystone

Die Taliban haben im September offiziell die Trennung von männlichen und weiblichen Studenten in allen staatlichen und privaten Universitäten des Landes angekündigt. Die Bildungseinrichtungen sind demnach verpflichtet, männliche und weibliche Studierende in getrennten Gebäuden zu unterrichten, oder im selben Gebäude, aber zu unterschiedlichen Zeiten. Es gibt auch eine dritte Möglichkeit, bei der – falls die Zahl der Studentinnen klein ist – eine Trennwand aufgestellt werden kann, um die Geschlechter im Klassenraum (wie im Bild) zu trennen.

«Die Taliban haben in ihrer Mitteilung zwar nicht speziell erwähnt, dass Frauen wieder zur Universität gehen können», erklärt Thomas Gutersohn, Südasien-Korrespondent von Radio SRF. «Aber die Tatsache, dass zum Beispiel in Dschalalabad, im Südosten des Landes, die Frauen nicht daran gehindert wurden, am Unterricht teilzunehmen, ist sicherlich ein Schritt in die richtige Richtung, wenn auch ein sehr zaghafter.»

Jahreszeit spielt eine Rolle

Dabei, warum die Öffnung der Universitäten gerade jetzt beschlossen wurde, spiele der Winter eine Rolle, so Gutersohn. «Über die Wintermonate waren die Universitäten immer geschlossen, auch während der vorherigen Regierungen, weil es schlicht zu kalt ist.»

Im wärmeren Süden des Landes, in Kandahar oder eben auch Dschalalabad, seien die Universitäten nun geöffnet worden. «In den kälteren Regionen wie in Kabul zum Beispiel muss man damit noch warten bis im März.» Vielleicht hätten aber auch die Gespräche mit westlichen Diplomaten wie zuletzt in Oslo einen Einfluss gehabt.

Abhängig vom Wohlwollen

«Der Westen sieht die Bildung für Frauen als Voraussetzung für weitere Hilfen. Das könnte einerseits ein Grund sein, weshalb sich die Taliban jetzt etwas mehr öffnen, als man zu Beginn vielleicht erwartet hat.» Es gehe schliesslich auch um viel Geld für das bitterarme Afghanistan.

Die Taliban haben den Unterricht nie per se ausgeschlossen.
Autor: Thomas Gutersohn SRF-Korrespondent

«Auf der anderen Seite haben die Taliban immer gesagt, dass sie Frauen an Universitäten wieder zulassen wollen – halt einfach nach ihren Bedingungen», sagt der SRF-Südasien-Korrespondent weiter. «Sie haben den Unterricht für Frauen nie per se ausgeschlossen.»

Grosse Frage der Finanzierung

Dass die Universitäten ein knappes halbes Jahr nach dem Sturz der Regierung wieder öffnen, kommt für Gutersohn überraschend rasch, angesichts dessen, in welchem Chaos sich das Land befand und immer noch befindet. Die Frage sei, wie die Kurse finanziert würden. «Gibt es genug Lehrpersonen? Erhalten sie ein Salär? Und öffnen weitere Universitäten?»

Frau in Vollschleier geht vor zwei Männern ohne Schleier.
Legende: Es war auch während der ersten Taliban-Herrschaft so, dass Frauen vor allem Gesundheits- und Pflegeberufe studieren durften, weil die Sittenrechte der Taliban Frauen diese Arbeit ausüben liess. «Wenn jetzt Frauen auch andere Fächer studieren dürfen, wie Recht oder Wirtschaft, dann wäre das tatsächlich ein grosser Schritt für das Land.» Keystone

Wenn dies geklärt sei, sei es sicher eine Investition in die langfristige Zukunft des Landes, so Gutersohn. Doch akut gebe es andere Probleme. «Es geht immer noch darum, das Bankenwesen wieder in Schwung zu bringen, sodass Menschen Geld abheben können, um ihre Einkäufe zu tätigen, um auch die aktuelle Hungerkrise in den Griff zu bekommen.»

Für viele dieser Menschen sei jetzt erst einmal wichtig, ihre Töchter ernähren zu können, bevor sie sie an die Universität schicken.

Armut grösser als vor Taliban

Hunderttausende Jobs sind unter den Taliban verloren gegangen. «Afghanische Frauen leiden besonders unter diesem Regime. Sie sind nach wie vor weitgehend von Stellen im öffentlichen Sektor ausgeschlossen», weiss der Korrespondent. Die Öffnung der Universitäten gebe da ein wenig Anlass zu Hoffnung.

Eingang zur Universität von Kandahar im Süden des Landes.
Legende: Dort, wo die Universitäten wieder offen sind, wie etwa in Kandahar (im Bild), sind positive Rückmeldungen von Studenten wie auch von Studentinnen zu hören. Es sei ein Tag der Freude, sagte eine Studentin dem arabisch-sprachigen TV-Sender al-Dschasira. Keystone

Es komme aber darauf an, wie es weitergehe, ob sich die Taliban zum Beispiel auch noch offiziell dazu äussern, dass Frauen wieder studieren dürfen. «Das würde sicherlich auch etwas Vertrauen schaffen.»

Wichtig sei es, zu sehen, ob die Kurse, die Frauen belegen dürfen, limitiert sind, oder ob sie wirklich die freie Wahl haben.

SRF 4 News, 03.02.2022, 08:10 Uhr;

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