Zum Inhalt springen

Unglück vor 10 Jahren Loveparade-Prozess endet ohne Urteil

  • Das Landgericht Duisburg hat den Prozess um das Unglück bei der Loveparade von 2010 eingestellt.
  • In dem Prozess ging es um die tödlichen Verletzungen von 21 jungen Menschen bei einem Gedränge auf der Veranstaltung. Mehr als 650 Menschen wurden verletzt.
  • Damit endet einer der aufwendigsten Strafprozesse der Nachkriegszeit nach 184 Sitzungstagen ohne Urteil.

Zuletzt hatten noch drei leitende Mitarbeiter des Veranstalters auf der Anklagebank gesessen. Die Anklage lautete auf fahrlässige Tötung und fahrlässige Körperverletzung. Die Beteiligten sollen unter anderem schwere Planungsfehler begangen haben.

Weitere Verfahren gegen sechs Mitarbeiter der Stadt Duisburg und einen weiteren Mitarbeiter der Veranstaltungsfirma waren bereits vor über einem Jahr eingestellt worden.

Einstellung wegen Verjährung und Corona

Nachdem zuletzt am 4. März verhandelt worden war, wurde der Prozess Mitte März unterbrochen, als eine Richterin vorsorglich unter Quarantäne gestellt wurde. Anfang April schlug das Gericht dann die Einstellung vor auch für die drei verbliebenen Angeklagten vor. Es begründete dies unter anderem mit zu erwartenden Corona-Einschränkungen und der absehbaren Verjährung des Tötungsvorwurfs Ende Juli.

Angehörige von Opfern sprachen sich gegen eine Einstellung aus. Ihre Zustimmung war rechtlich nicht erforderlich. Der Einstellungsbeschluss ist unanfechtbar. Damit endet der Prozess ohne Urteil.

Reihe von Fehlern führte zur Katastrophe

Nach den Ausführungen der Richter dürfte das Zusammenwirken einer Vielzahl von Umständen dazu geführt haben, dass es zu dem Gedränge mit dem tödlichen Verlauf gekommen ist. «Die Vereinzelungsanlagen und Schleusen waren nicht auf die erwartenden Personenmengen ausgerichtet. Zäune führten zu zusätzlichen Engstellen», sagte Richter Mario Plein am Montag. «Der Stau vor den Vereinzelungsanlagen war absehbar.» Zudem habe es keine ausreichenden Flächen für die Abwicklung der Menschenmassen gegeben, sagte er. «Stauungen waren vorhersehbar.»

Bereits um kurz nach 14 Uhr sei es am Tag der Loveparade zu ersten Problemen gekommen. Kommunikationsdefizite hätten die Situation verschärft: Krisengespräche von Polizei und Feuerwehr seien ohne die Veranstalterin geführt worden. Die Steuerung der Personenströme sei unkoordiniert gewesen.

«Unpassende Anordnungen» der Polizei hätten die Probleme verschärft. Der Funkverkehr der Polizei sei nach Ansicht des Gerichts gestört gewesen, die Polizei habe ihre zugesagte Unterstützung bei der Schliessung der überlasteten Zugänge nicht erbracht, weil Kräfte anderweitig gebunden gewesen seien. Gegen 16.30 Uhr seien die Besucherströme zum Stillstand gekommen, eine lebensbedrohliche Lage mit Wellenbewegungen sei entstanden.

«Mögliche individuelle Schuld gering»

Mit der Einstellung des Verfahrens gibt es kein Urteil. Das Gericht teilt mit , dass «trotz der schwerwiegenden Folgen der Tat, die (mögliche) individuelle Schuld der Angeklagten an der Katastrophe zum jetzigen Zeitpunkt als gering anzusehen sei». Die Handlungen der Angeklagten hätten die schrecklichen Geschehnisse nicht allein, sondern erst im Zusammenwirken mit einer Vielzahl anderer Umstände möglich gemacht.

SRF 4 News; 04.05.2020; 10:30 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel