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Zurück zum Glyphosat ist keine Lösung
Aus SRF 4 News aktuell vom 21.09.2018.
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Unrühmlicher Rekord Kokain-Produktion in Kolumbien massiv gestiegen

Laut einem neuen UNO-Bericht hat die Kokain-Herstellung in Kolumbien 2017 einen neuen Rekord erreicht: 1400 Tonnen, ein Drittel mehr als im Vorjahr. Die Anbau-Fläche nahm noch stärker zu. Südamerika-Korrespondent Ulrich Achermann sagt, warum es nicht gelingt, das Problem in den Griff zu bekommen.

SRF News: Warum gelingt es der kolumbianischen Regierung nicht, den illegalen Coca-Anbau einzudämmen?

Ulrich Achermann: Es ist ja nicht so, dass nichts getan wird. Stark vereinfacht kann man sagen: Die Massnahmen greifen zu wenig, sie sind zu wenig abgestimmt mit den Nachbarländern. Unter dem Strich bewirkt weder die härtere noch die weichere Linie etwas.

Der Coca-Anbau war ja in der Hand der FARC-Rebellen. Nun fiel der massive Anstieg just in Zeiten der Friedensverhandlungen. Hat man da bewusst weggeschaut?

Die Gegner des Friedensabkommens behaupten das. Es gibt aber keine Beweise. Ich sehe das eher im Entscheid von Ex-Präsident Santos, die Felder nicht mehr mit Glyphosat zu besprühen, weil das Pestizid krebserregend sein könnte. Damit hat er möglicherweise der FARC während den Friedensverhandlungen indirekt einen Gefallen gemacht.

Glyphosat hat auch ganz legale Pflanzungen mitvernichtet

Früher hat man also die Coca-Felder mit Glyphosat aus der Luft besprüht, damit diese Felder eingehen?

Genau, dieses Vorgehen wurde auch sehr gepusht von den Vereinigten Staaten. Das Glyphosat hat aber auch ganz legale Pflanzungen mit vernichtet, es gab gute Gründe, von dieser Praxis abzurücken.

Viele FARC-Rebellen haben ja die Coca-Produktion aufgegeben. Wer kontrolliert denn nun die Felder?

In dieses Vakuum sind die FARC-Leute vorgedrungen, die sich dem Friedensvertrag nicht unterordnen wollen. Es sind aber auch paramilitärische oder einfach kriminelle Banden, die sich von diesem «Coca-Kuchen» ein Stück sichern wollen.

Nichts bringt so schnell so viel Geld wie Coca.

Fehlt es der Regierung nicht auch am Willen, gegen diese Coca-Produzenten vorzugehen?

Man darf sich keine Illusionen machen. Früher ging die Regierung mit der Armee gegen den Anbau vor. Dafür nahm die Produktion in den Nachbarländern Peru oder Ecuador zu. Kommt dazu: Die Substitution von Coca ist ein ganz mühsames Geschäft, also die Bauern dazu zu bewegen, auf legale Produkte umzusteigen. Das Hauptproblem ist hier: Nichts bringt so schnell so viel Geld wie Coca.

Diesen Bauern müsste die Regierung also etwas anbieten, das etwa gleich viel Geld bringt wie Coca?

Das wäre die einzig gangbare Lösung. Bisher will es aber nicht klappen mit Alternativen. Der Kaffeepreis befindet sich zurzeit gerade in einem Tief und beim Kakao fehlt den Bauern das Knowhow. In Kolumbien fehlt es aber auch an geeigneter Infrastruktur, um die Ernten schnell und sicher zu den Aufkäufern zu bringen.

Profitiert denn auch die Politik von diesem Geschäft?

Seit jeher bewegt sich in Kolumbien ein Teil der politischen Eliten auch in der Illegalität. So zum Beispiel sorgen sie für Schutz von Privat-Armeen, die wiederum tätig sind für Akteure im Coca-Geschäft und anderen illegalen Aktivitäten. Ein Teil der Wirtschaft bewegt sich in der Illegalität und ohne politische Deckung wäre das nicht möglich.

Damit treibt man die Bauern wieder in die Hände bewaffneter Gruppen.

Seit diesem Jahr ist eine neue, rechtsgerichtete Regierung an der Macht. Wie geht sie an das Problem heran?

Sie hat bereits erklärt, dass sie die Felder wieder mit Glyphosat besprühen lassen will. Damit treibt man die Bauern aber wieder in die Hände bewaffneter Gruppen. Das härtere Vorgehen wird das Geschäft wohl wieder stärker in die Nachbarländer verschieben.

Es wird also ein altes Rezept hervorgeholt, das schon einmal nicht funktioniert hat?

Es hat schon viele Male nicht funktioniert. Auch Bolivien, Peru und Ecuador schlägt sich mit dem gleichen Problem herum. Die Besprühung der Felder mit Glyphosat hat aber nirgendwo zum Ende der Coca-Produktion geführt.

Das Gespräch führte Andrea Christen.

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