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Urteil des Verfassungsgerichts Thailand: Move-Forward-Partei wird aufgelöst

  • Das Verfassungsgericht in Thailand hat auf Druck konservativer Kräfte die progressive Move-Forward-Partei aufgelöst.
  • Grund dafür sei, dass die Partei die Monarchie gefährde.
  • Der einstige Spitzenkandidat Pita Limjaroenrat und weitere führende Mitglieder dürften zudem in den kommenden zehn Jahren keine politischen Ämter ausüben.

Das Gericht hatte auf Antrag der Wahlkommission geprüft, ob die Partei verfassungswidrig gehandelt habe, weil sie sich dafür eingesetzt hat, das strenge Gesetz zur Majestätsbeleidigung zu entschärfen.

Einschätzung: Thailands Reformbewegung lässt sich nicht aufhalten

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Eine Einschätzung von SRF-Korrespondent Martin Aldrovandi

Eine Überraschung war das heutige Urteil des Verfassungsgerichts nicht. Bereits im Vorfeld waren Politikerinnen wie Fachleute von einem Parteiverbot ausgegangen. Trotzdem war die Enttäuschung unter den Unterstützerinnen und Unterstützern in der Zentrale der Move Forward-Partei heute gross. Einmal mehr wurde in Thailand eine erfolgreiche Partei verboten. Einmal mehr wurde der Volkswille missachtet. Die Partei soll mit ihrem Wahlversprechen, das strenge Gesetz gegen Majestätsbeleidigung zu lockern, die Monarchie gefährdet haben, so die Begründung.

Dabei war dem Establishment die progressive Politik der Partei schon lange ein Dorn im Auge. Trotz ihres deutlichen Wahlsiegs im vergangenen Jahr durfte die Move-Forward-Partei keine Regierung bilden. Der charismatische Pita Limjaroenrat – Kandidat für das Amt des Premierministers – wurde mit verschiedenen Kniffs von der Macht ferngehalten. Das heutige Verbot der Partei und das zehnjährige Politikverbot mehrerer Führungspersonen passen in dieses Vorgehen des Establishments gegen Move Forward.

Ihre Unterstützerinnen und Unterstützer werden sich jedoch nicht unterkriegen lassen. Demnächst soll eine neue Partei mit neuem Namen und neuer Führungsriege gegründet werden. Denn: Die Reformbewegung ist in der thailändischen Bevölkerung breit abgestützt. Langfristig lässt sie sich auch von einem Parteiverbot nicht stoppen.

Für politische Beobachter und die Partei selbst kommt das Urteil kaum überraschend. Schon vor Tagen hatte Move Forward mitgeteilt, dass die Partei bereits zu einer wichtigen politischen Institution geworden sei, die auch im Falle einer Auflösung nicht verstummen werde: «Die Auflösung einer politischen Partei beendet lediglich eine juristische Organisation, kann aber ihre Ideologie niemals zum Schweigen bringen», hiess es in einem auf Facebook verbreiteten Video.

Pita Limjaroenrat vor dem Verfassungsgericht.
Legende: Pita Limjaroenrat vor dem Verfassungsgericht. KEYSTONE/AP Photo/Chatkla Samnaingjam

Move Forward hatte im vergangenen Jahr die Parlamentswahl klar gewonnen, kam aber dennoch nicht an die Macht. Ihr charismatischer früherer Spitzenkandidat Pita Limjaroenrat wurde wiederholt von militärnahen Senatoren als Kandidat für das Amt des Ministerpräsidenten abgelehnt.

Parteiverbote sind nicht neu

Hauptgrund war das Vorhaben der demokratisch ausgerichteten Partei, das extrem strenge Gesetz zur Majestätsbeleidigung zu ändern. Das Gesetz sieht bei Verstössen bis zu 15 Jahre Haft vor. Pita wurde nach wochenlangen politischen Wirren vom früheren Bündnispartner Pheu Thai und deren Kandidat Srettha Thavisin ausgebootet, der im August vergangenen Jahres zum Regierungschef gewählt wurde und seit November im Amt ist. Move Forward war seither stärkste Oppositionskraft.

In Thailand sind Parteiverbote nicht neu: Der Vorgänger von Move Forward, Future Forward, war 2020 ebenfalls verboten worden. Häufig gründen die Mitglieder anschliessend einfach eine neue Partei. So hatte die stellvertretende Parteichefin Sirikanya Tansakul im Facebook-Video betont: «Der Geist von Future Forward und Move Forward wird erhalten bleiben, egal welchen Namen die Partei hat.»

SRF 4 News, 7.8.2024, 12 Uhr ; 

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