Zum Inhalt springen

Urteil im «Tiergartenmord» Lebenslange Haft für Angeklagten im «Tiergartenmord»-Prozess

  • Im sogenannten «Tiergartenmord»-Prozess hat ein Gericht in Berlin am Mittwoch den Angeklagten wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt.
  • Dem 56-jährigen Russen wird vorgeworfen, dass er vor zwei Jahren mitten in Berlin einen Georgier mit tschetschenischer Abstammung erschossen habe.
  • Als Konsequenz aus dem Berliner Urteil gegen den Russen hat die deutsche Regierung zwei Mitarbeiter der russischen Botschaft in Deutschland zu «unerwünschten Personen» erklärt.

Neben der lebenslangen Haft wegen Mordes wurde der Mann zudem wegen illegalen Waffenbesitzes verurteilt. Die Richter folgten mit dem Strafmass dem Antrag der deutschen Bundesanwaltschaft.

Prozessbeteiligte in einem Gerichtssaal
Legende: Die Prozessbeteiligten sitzen im Gerichtssaal beim «Tiergartenmord»-Prozess. Keystone

Zu den näheren Hintergründen der Tat äusserte sich der Vorsitzende Richter Olaf Arnoldi zum Auftakt der Urteilsbegründung noch nicht, er sagte allerdings: «Die Schuld wiegt besonders schwer». Das Gericht ist jedoch davon überzeugt, dass es sich bei dem angeklagten Russen um einen Offizier des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB handelt, dem weitere Auftragsmorde im Ausland zugeordnet werden.

Angeklagter bestritt Verbindungen zum Geheimdienst

Nach Überzeugung des Gerichts hat der Russe am 23. August 2019 den Georgier erschossen, der seit Ende 2016 als Asylbewerber in Deutschland lebte und von den russischen Behörden als Terrorist eingestuft worden war. Aus Sicht der Bundesanwaltschaft hatte der Russe im Auftrag staatlicher russischen Stellen gehandelt. Für die Tat soll der Mann eine Scheinidentität bekommen haben und am Tag vor der tödlichen Attacke mit Alias-Namen nach Berlin gereist sein.

Insbesondere sei der Georgier als Staatsfeind betrachtet worden, weil er im Tschetschenien-Krieg gegen Russland gekämpft hatte, so die Bundesanwaltschaft. Der dunkelhaarige Beschuldigte selbst hatte zu Beginn des Prozesses über seine Anwälte erklären lassen, er sei 50 Jahre alt und ein Bauingenieur. Verbindungen zum russischen Staat und dem Geheimdienst FSB bestritt er.

Deutsche Regierung zieht Konsequenzen aus Urteil

Bundesaussenministerin Annalena Baerbock sieht die Beziehungen zu Russland nach diesem Urteil schwer belastet. «Dieser Mord in staatlichem Auftrag (...) stellt eine schwerwiegende Verletzung deutschen Rechts und der Souveränität der Bundesrepublik Deutschlands dar», sagte Baerbock am Mittwoch in Berlin. Ein offener und ehrlicher Austausch mit Russland sei durch den Vorgang schwer belastet.

Die deutsche Regierung hat als Konsequenz aus dem Mordurteil gegen den 56-jährigen Russen zwei Mitarbeiter der russischen Botschaft in Deutschland zu «unerwünschten Personen» erklärt. Dies sei dem russischen Botschafter Sergej Netschajew bei einem Gespräch im Auswärtigen Amt erklärt worden, sagte Aussenministerin Annalena Baerbock in Berlin. Ein solcher Schritt kommt einer Ausweisung der Diplomaten gleich.

Russland kritisiert Urteil als «politisch motiviert»

Der russische Botschafter in Deutschland wiederum hat das Mordurteil als «politisch motiviert» kritisiert. «Wir halten dieses Urteil für nicht objektiv, für eine politisch motivierte Entscheidung, die die ohnehin nicht einfachen russisch-deutschen Beziehungen weiter ernsthaft belastet», sagte Netschajew.

Russland hatte eine Beteiligung staatlicher Stellen stets bestritten. Allerdings bezeichnete Präsident Wladimir Putin den getöteten Georgier als «Banditen, Mörder», dessen Auslieferung Moskau von den deutschen Behörden immer wieder erfolglos verlangt habe.

SRF 4 News, 15.12.2021, 12:00 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel