Seit Donald Trump in den US-Wahlkampf eingestiegen ist und noch vemehrt seit seiner Wahl suchen die US-Medien nach einem Umgang mit ihm. Der künftige Präsident versucht nämlich vor allem, die Medien zu umgehen. Via Twitter kommuniziert er direkt mit dem Volk und der Welt und an den traditionellen Medien vorbei.
Wenn alles und nichts relevant ist
So dominiert Trump seit Monaten die Berichterstattung und die US-Medien machen gerne mit. Das Zusammenspiel ist so innig wie noch nie. «Donald Trump sagt» – diese drei Wörter allein waren in den letzten Monaten schon einen Bericht wert, wie Glenn Thrush feststellt. Der Chefreporter der einflussreichen News-Plattform Politico beobachtet, dass viele Journalisten gar nicht mehr nach der Relevanz eines Themas fragen. Sie bringen es einfach und lassen sich so die Themen diktieren.
Wenn alles, was Trump sagt, wichtiger ist als das, was er tut, haben wir ein Problem.
Als Beispiel nennt Thrush etwa den Tweet Trumps über die angeblich hohen Kosten für das neue Präsidentenflugzeug von Boeing. Die Kosten der Maschine seien gewiss relevant, doch die Journalisten müssten auch den Zeitpunkt des Tweets hinterfragen und die Boeing-Story gewichten. Etwa im Vergleich zur Frage, ob Trump sich als Präsident von seinen Beteiligungen trennen sollte.
Wenn die Zusammenhänge fehlen
Auch Chris Frates denkt kritisch über die eigene Zunft nach und glaubt, die Medien müssten Trump jetzt viel genauer auf die Finger schauen als im Wahlkampf. Als Journalist betrieb er bis vor Kurzem aufwendige Recherchen für den Fernsehsender CNN und deckte regelmässig Skandale auf.
Frates plädiert für eine zweigleisige Vorgehensweise: «Wir sollten möglichst schnell berichten, was Trump gesagt oder entschieden hat. Aber damit ist die Arbeit nicht getan. In einem zweiten Schritt müssen wir dem Publikum die Zusammenhänge aufzeigen.»
Trump sagt meistens Dinge, die nicht ganz falsch oder nicht ganz richtig sind. Da müssen wir als Journalisten eine Erklärungshilfe bieten.
Über die Art der «Erklärungshilfe» gehen die Meinungen in der Branche allerdings auseinander. Trump-Aussagen durch den Fakten-Check lassen? Eher nicht, findet Shani Hilton, Chefredaktorin von Buzzfeed-News USA: «Wenn niemand mehr an Fakten glaubt, machen Fakten-Checks keinen Sinn.»
Wenn alle Faktenchecks nichts nützen
Tatsächlich zeigen Umfragen, dass der Ruf der Journalisten gelitten hat. Der Zeitdruck führt zu Fehlern und Ungenauigkeiten. Nicht nur Donald Trump schlachtet das aus. Politisch konservative Amerikanerinnen und Amerikaner glauben einer Twitter-Botschaft von Donald Trump eher als einem Bericht in der Zeitung oder am Fernsehen.
Wenn niemand mehr an Fakten glaubt, machen Fakten-Checks keinen Sinn.
Weniger Meinungen und weniger Auftritte von selbsternannten Experten, dafür mehr klassische News-Stories, die aufzeigen, was die Fakten sind. Das könnte laut Frates helfen, die Glaubwürdigkeit der Medien wiederherzustellen. Die Glaubwürdigkeit sei zentral, unterstreicht auch Thrush: «Wenn die Medien nicht glaubwürdig sind, können sie ihre Rolle als Vierte Gewalt nicht ausüben.» Real News erhielten den Stellenwert von Fake News.
Wenn Journalisten als «Monster» gelten
Thrush fordert deshalb, dass die Polit-Journalisten raus aus Washington müssen – hin zu den Menschen: «Die Leute denken, wir Journalisten seien Monster. Das ändere sich, wenn sie uns begegnen und sehen, wie wir arbeiten und den Dingen auf den Grund gehen.» So könnten sie sich aus der Umklammerung des künftigen Präsidenten der USA befreien und wieder unabhängiger und kritischer berichten.
Die Menschen sollen sehen, dass wir Journalisten nicht so sind, wie uns das konservative Fox-News darstellt.