- Die US-Demokraten haben die Nachwahl für einen Parlamentssitz im US-Bundesstaat Georgia verloren – trotz rekordverdächtigem Wahlkampf-Budget.
- Der Partei mangelt es nach der Niederlage bei der Präsidentschaftswahl an zündenden Ideen, um auch ausserhalb der städtischen Gebiete zu punkten.
- Zudem hat die Partei ein Personalproblem: Wer in drei Jahren Donald Trump herausfordern soll, steht in den Sternen.
Die Wahlen offenbaren es: Alle Kritik an Donald Trump hilft den US-Demokraten nicht auf die Beine. Dringend bräuchten sie Alternativen – personell und inhaltlich. Doch in Sicht sind diese nicht.
Dabei wäre die Lage von US-Präsident Donald Trump eine Steilvorlage: Der US-Präsident steht in der eigenen Partei unter Druck, ein Sonderermittler prüft seine Verstrickungen in die Russland-Affäre und geht der Frage nach, ob er die Justiz beeinflusst haben könnte. Gleichzeitig laufen mehrere Klagen vor Gerichten. Aber die Demokraten kommen seit ihrer Niederlage nicht aus dem Tal der Tränen.
Es fehlt an Geld und an Inhalten
Ihr Dilemma: Es fehlen die Mittel, um Trump entscheidend anzugreifen – finanziell, personell und programmatisch. Die Nachwahlen in zwei Stimmbezirken in Georgia und South Carolina haben es gestern erneut gezeigt: Trumps Fehlstart hält die Wähler nicht davon, ihre traditionelle Bindung zur republikanischen Partei beizubehalten.
Eine Umfrage im Auftrag der «Washington Post» hat gezeigt, dass traditionelle Wählerbindungen und der Schnitt zwischen ländlichen und urbanen Räumen viel bedeutender für die Wahlentscheidung sind als etwa die aktuelle wirtschaftliche Situation.
Fast täglich berauschen sich die US-Demokraten am verheerenden Auftritt von Donald Trump. Täglich zeigen die Hauptstadt-Demokraten dem Weissen Haus sein Versagen auf – und bekommen Applaus von den Medien. Aber ausserhalb der Washingtoner Politik-Blase bekommen sie kaum einen Fuss auf den Boden. In inzwischen vier Nachwahlen hatten sie versucht, den Republikanern angestammte Sitze im Abgeordnetenhaus streitig zu machen – vergeblich. In Georgias 6. Wahldistrikt boten sie sogar eine Summe für den Wahlkampf ihres Hoffnungsträgers Jon Ossoff auf, die bisher nicht dagewesen war. Es half alles nichts.
Kein Herausforderer in Sicht
Die Frage ist drängender denn je: Welcher Demokrat oder welche Demokratin kann 2020 Donald Trump schlagen? Die Personallage der Demokraten scheint desaströs. Die wenigen frischen Hoffnungsträger wie Cory Booker oder eben Jon Ossoff sind bisher den Beweis ihrer Durchschlagskraft schuldig geblieben. Und die Platzhirsche im liberalen Lager sind alle gesetzten Alters. Nancy Pelosi wäre 2020 schon 80 Jahre alt, Bernie Sanders, immer wieder als möglicher nochmaliger Bewerber genannt, wäre 79.
Die Demokraten haben sich entscheidend verkalkuliert. Sie setzten alles auf eine Präsidentschaft Clinton. Bewusst nahmen sie Verluste im ländlichen Amerika in Kauf, konzentrierten sich auf die grossen Städte, vor allem an den Küsten. Doch Hillary Clinton war das falsche Pferd. Sie wollten nicht wahrhaben, was jetzt klar ist: Der Hass auf Clinton auf dem Land ist grösser als die Furcht vor dem «Polit-Clown» Trump in der Stadt.
Eine Partei für die ganzen USA
Die Probleme sind inzwischen erkannt. «Wir waren vielleicht zu sehr auf die Präsidentschaft aus. Aber jetzt gibt es einen neuen Geist in der Partei», sagt der stellvertretende Vorsitzende Keith Ellison. «Wir sind die Partei von der Ostküste bis zur Westküste und alle zwischendrin.» Doch wie er das machen will, ist unklar. Bernie Sanders bleibt mit seiner linken Gerechtigkeits-Bewegung das einzige stabile Bollwerk. Ob das reicht, um bei den Zwischen-Wahlen 2018 die republikanische Mehrheit zu brechen, ist mehr als fraglich.