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US-Ölsanktionen gegen Iran Schaden für alle

Von diesem Donnerstag an wollen die USA sämtliche Staaten bestrafen, die weiter Öl vom Iran kaufen. Wenn die USA selber Sanktionen gegen den Iran beschliessen, ist das völlig legal. Kein Land muss mit einem anderen Handel treiben. Wenn sie aber sogenannte «Sekundärsanktionen» verfügen, also andere Staaten zwingen, sich ihren Boykotten anzuschliessen, dann ist das übergriffig und verletzt internationales Recht. Die unbeugsame Haltung Washingtons gegenüber dem Regime in Teheran ist zudem politisch und wirtschaftlich gefährlich für die Welt.

Irans Hardliner profitieren

Bei acht Ländern drückten die USA bisher ein Auge zu, wenn sie weiter iranisches Öl bezogen: Bei den US-Alliierten Griechenland, Italien, Südkorea, Japan, der Türkei und Taiwan. Ausserdem bei China und Indien. Etliche darunter stoppten mittlerweile ihre Ölimporte aus dem Iran. Doch die Türkei weigert sich und verlangt eine neue Ausnahmegenehmigung. Und ob China und Indien die US-Order befolgen, ist höchst ungewiss. Die beiden Grossmächte sind weit weniger druckempfindlich und vor allem: Sie können ihrerseits Druck machen auf die USA. China mit dem Handelsabkommen. Indien mit seinen Rüstungskäufen.

Klar ist: Die Sanktionen schaden dem Iran. Besonders die iranische Bevölkerung spürt sie. Doch die Hardliner in der iranischen Führung profitieren davon. Sie beziehen ihre politische Legitimation aus der Feindschaft zu den USA – sowie einen beträchtlichen Teil ihrer finanziellen Mittel aus der Umgehung der Sanktionen, aus dem Schmuggel.

Iran könnte wieder an der Atombombe bauen

Schädlich sind die Sanktionen auch für fast alle übrigen Länder – mit Ausnahme Russlands oder der Golfstaaten, die selber viel Öl exportieren und denen hohe Preise nützen. Für den Rest der Welt sind steigende Ölpreise jedoch belastend und ein Konjunkturrisiko. Sowohl politisch als auch wirtschaftlich unangenehm ist, dass die Abhängigkeit von Produzenten wie Saudi-Arabien oder Russland wächst, wenn mit dem Iran ein wichtiger Ölexporteur ausfällt.

Auch für die US-Wirtschaft sind steigende Ölpreise heikel. Damit auch für Präsident Donald Trump, der sich bereits in den Wahlkampf 2020 stürzt. Gefährlich für die USA kann ebenfalls die iranische Reaktion auf den Druck sein. Iran könnte nicht nur seinerseits aus dem Atomabkommen aussteigen, sondern ebenso aus dem Atomsperrvertrag von 1970. Damit stiesse das Regime die Tür auf zur Herstellung von Atombomben – und entledigte sich zugleich jeglicher Überwachung durch die UNO-Atombehörde IAEA. Die iranische Führung droht ausserdem, die Strasse von Hormuz zu schliessen, was das Gros der Öl- und Gasexporte aus den Golfmonarchien lahmlegen könnte.

Ausserdem, und das wäre wohl der raffinierteste Schachzug, könnte der Iran die jemenitischen Houthis, die von ihm unterstützt werden, dazu bringen, die Meeresstrasse Bab al-Mandab im Westen der Arabischen Halbinsel abzuriegeln.

Anti-Iran-Haltung bringt Trump fast nur Nachteile

Das wäre für die Weltwirtschaft noch weitaus schädlicher als die jahrelange Piraterie vor der Küste Somalias. Schliesslich kann der Iran den amerikanischen Interessen im Nahen Osten, vor allem im Irak, in Syrien oder im Libanon schwer schaden – und dem US-Schützling Israel das Leben schwer machen.

Momentan bringt die beinahe fanatische Anti-Iran-Haltung der Regierung Trump fast nur Nachteile. Die Chance hingegen ist minimal, dass die iranische Führung als Reaktion einen moderateren Kurs einschlägt und in Verhandlungen mit den USA eintritt.

Fredy Gsteiger

Diplomatischer Korrespondent

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Fredy Gsteiger ist diplomatischer Korrespondent und stellvertretender Chefredaktor bei Radio SRF. Vor seiner Radiotätigkeit war er Auslandredaktor beim «St. Galler Tagblatt», Nahost-Redaktor und Paris-Korrespondent der «Zeit» sowie Chefredaktor der «Weltwoche».

Hier finden Sie weitere Artikel von Fredy Gsteiger und Informationen zu seiner Person.

(SRF 4 News 18:00 Uhr)

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