SRF News: Was ist von der TV-Debatte der Vizepräsidentschaftskandidaten zu erwarten?
Josef Braml: Wer sich für Inhalte interessiert ist bei den Vizepräsidentschaftskandidaten besser am Mann, weil vor allem Mike Pence, der Vize von Donald Trump, hier wahrscheinlich mehr über Inhalte reden wird, als sein Meister selber. Aber wer das Spektakel liebt, der schaltet natürlich die Hauptmatadore ein. Darum geht es ja, es geht um Entertainment und weniger um Inhalte.
Sie sagen heute Nacht geht es aber um Inhalte: Welche Themen wird Mike Pence aufs Parkett bringen wollen?
Ich denke, dass Mike Pence vor allem alle Themen ansprechen wird, die der Christlich-rechten wichtig sind. Er selbst ist ja ein wichtiger Politiker aus diesem Lager. Nicht zuletzt aus diesem Grund hat ihn dann der in religiösen Fragen doch nicht so sichere Trump mit aufs Ticket geholt.
Tim Kaine seinerseits ist Katholik und vor allem auch gegen Abtreibung eingestellt. Hillary Clinton umgekehrt hat sich für das Selbstbestimmungsrecht der Frau ausgesprochen. Das ist eine Kluft, welche Mike Pence auszuweiden versuchen wird.
Mike Pence hat also die ganz klare Aufgabe die christlich konservative Wählerschaft von sich und entsprechend von Donald Trump zu überzeugen.
Er muss sie nicht von sich überzeugen, er ist einer der ihren. Aber es geht nicht nur um die Evangelikalen, sondern vor allem um die Katholiken, welche sich dann doch für das Abtreibungsthema begeistern. Ich denke, hier ist Musik drin und Mike Pence wird eben dahingehend versuchen, Hillary Clinton anzugreifen. Ich denke, dass beide Vizepräsidentschaftskandidaten dies machen werden. Sie werden weniger gegeneinander fetzen, sondern versuchen den jeweiligen Spitzenkandidaten auf der anderen Seite in den Dreck zu ziehen.
Wenn wir über die Debatte hinausblicken: Wie werden sich die beiden Vizepräsidentschafts-Kandidaten sonst noch in den Wahlkampf der letzten entscheidenden Wochen einbringen?
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Die werden jeweils die eigenen Zielgruppen ansprechen. Auf Seite der Demokraten wird es für Tim Kaine extrem wichtig sein, den hart umkämpften Einzelstaat, Virginia – einen Battleground-State – für Hillary Clinton zu gewinnen. Auf der anderen Seite muss Mike Pence christlich-konservative Wähler mobilisieren und vielleicht noch anderen etablierten republikanischen Wählern deutlich machen, dass man mit Trump doch ins Geschäft kommen kann. Trump hat ja Akzeptanz-Probleme bei den republikanischen Eliten der Partei. Mike Pence ist wiederum jemand, der bei der Partei-Elite sehr wohl gut ankommt. Vielleicht kann er diese Kluft ein wenig überbrücken helfen.
So wie Sie das beschreiben kommt den Vizepräsidentschafts-Kandidaten doch eine ziemlich entscheidende Rolle zu. Sie sind mehr als das Zünglein an der Waage.
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Ja, und wir dürfen nicht vergessen, dass wir es hier mit zwei Polit-Rentnern zu tun haben. Sowohl Hillary Clinton als auch Donald Trump sind schon eher im reiferen Alter – das bringt schon den einen oder anderen zum Nachdenken. Und die Amerikaner sagen, der Vizepräsidentschaftskandidat ist oft nur einen Herzschlag von der Präsidentschaft entfernt. Das hat es in der Geschichte der USA schon gegeben und das kann es wieder geben. Ich würde das nicht unterschätzen und das tun auch die Amerikaner nicht.
Das Gespräch führte Melanie Pfändler.