Aus Unzufriedenheit mit dem republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump wollen Konservative einen früheren CIA-Offizier als unabhängigen Kandidaten ins Rennen schicken. Der frühere Berater der Republikaner im US-Repräsentantenhaus, Evan McMullin, werde als Alternative seinen Hut in den Ring werfen, gab sein Wahlkampfbüro zu Beginn der Woche bekannt. Fragen an den Politologen Boris Vormann am John F. Kennedy-Institut in Berlin.
SRF News: Was ist denn das Kalkül, wenn man einen wie McMullin antreten lässt?
Boris Vormann: Bisher hat man sich bei den Demokraten wie auch bei den Republikanern gescheut, einen Drittkandidaten ins Rennen zu schicken, um nicht das eigene Lager zu spalten und so die Wahl praktisch auf dem Silbertablett an die Gegner zu überreichen. Mit McMullin hat das Spiel jetzt gedreht, ist es doch dessem Ziel, Trump mit allen Mitteln zu verhindern.
Warum ausgerechnet McMullin, was bringt er mit?
Zum einen ist er Mormone, was wahrscheinlich seine sicherste Karte ist. Er stammt aus Utah, einem Staat, der 2012 an Mitt Romney ging. Romney hat Trump verprellt, indem er ihm seine Unterstützung versagte und gar nicht mehr zum Parteikonvent der Republikaner kam. Falls McMullin jetzt fristgerecht antritt, könnte er Trump tatsächlich Utah streitig machen, was für diesen ein grosser Verlust wäre.
Muss Trump Utah gewinnen, um US-Präsident zu werden?
Trump hat in den letzten Wochen entschieden, sich auf wenige Swing States zu konzentrieren. Das Kalkül geht nicht mehr auf, wenn Staaten wie Utah wegfallen, die er sich bereits sicher zugerechnet hat. Wenn er Utah verliert, wird sich die Lage für ihn dramatisch zuspitzen.
Könnte der Sabotageakt aus den eigenen republikanischen Reihen gelingen?
Das könnte durchaus klappen. McMullin wird zwar keine Chance haben, jetzt noch Präsident zu werden. Die meisten Fristen sind bereits verstrichen. Über zwei Dutzend Staaten haben die Anmeldefristen zur Kandidatur bereits hinter sich. Aber das braucht McMullin ja auch nicht. Wenn er Trump Utah streitig macht oder zumindest dessen Sieg verhindert, und vielleicht sogar noch in einem anderen Staat ein bisschen Konkurrenz reinbringt, könnte das zum Zünglein an der Waage werden. Dass so etwas klappen kann, zeigt der ehemalige US-Vizepräsident Al Gore, der ehemals wegen eines Drittkandidaten der Grünen gescheitert ist.
Wäre das nicht Parteiverrat, wenn letztlich Hillary Clinton gewählt würde?
Das ist genau der Grund, weshalb es bisher keine Drittkandidaten aus der eigenen Partei gegeben hat. Denn es steht sehr viel auf dem Spiel. Es ist ja nicht nur die Präsidentschaft, wo viele eine Hillary Clinton ertragen und auf bessere Möglichkeiten 2020 warten würden. Es geht allem voran auch um den Supreme Court, wo der nächste Präsident den offenen neunten Sitz besetzen wird. Auf Lebenszeit des Gewählten wäre das Oberste Gericht dann mehrheitlich demokratisch. Auch der Senat könnte allenfalls an die Demokraten verlorengehen, wenn das eigene Lager zu gespalten ist. So könnten die Demokraten dann relativ stark regieren, obwohl Clinton selbst in eigenen Partei so unbeliebt ist.
Gehen die konservativen Republikaner mit ihrem Manöver dieses Risiko also ein, nur um Trump zu verhindern?
Absolut. Deshalb ist es immer noch nur eine Splittergruppe, die das macht. Wie viele McMullin dann tatsächlich mobilisieren kann, steht auf einem anderen Blatt. Aber das ist natürlich ziemlich gefährlich für die Republikaner.
Das Gespräch führte Simon Leu.