Socorro Rodriguez Anderson ist zutiefst unzufrieden mit ihrem Präsidentschaftskandidaten Donald Trump. «Ich habe es nicht gerne, wenn Menschen beleidigt werden», sagt die Republikanerin aus San Diego (Kalifornien). «Wir sind ein Land der Einwanderer, ich selber bin eine mexikanischstämmige Amerikanerin der fünften Generation, und ich bin stolz darauf», sagt sie am Treffen der republikanischen Partei Kaliforniens.
Nun werde sie für Hillary Clinton stimmen, erklärt sie. Diese sei das mindere Übel. Aber ihre Bekannten würden das nicht tun: «Meine republikanischen Freunde werden alle zu Hause bleiben und nicht wählen gehen.»
Rodriguez' Aussagen sind bezeichnend: Nur 14 Prozent der Lateinamerika-stämmigen Bevölkerung wollen Trump wählen, so eine Umfrage von NBC/WsJ und Telemundo. Ein Negativrekord. Republikanische Strategen wie Mike Madrid verfolgen händeringend den ausländerfeindlichen Wahlkampf Trumps.
Einwanderungsfeindliche Gesetze
Madrid hat in seinem Bundesstaat Kalifornien miterlebt, wohin das führen kann. «Heute ist es für die Republikaner fast unmöglich, eine Wahl auf Bundesstaatsebene zu gewinnen. Wir spielen hier in Kalifornien praktisch keine Rolle mehr.»
Bis in die 1990er Jahre hinein wählte Kalifornien regelmässig republikanische Präsidentschaftskandidaten und Gouverneure. Aber dann unterstützte Gouverneur Pete Wilson eine Reihe einwanderungsfeindlicher Gesetze. Das schreckte die Latinos ab und machte die Wahlchancen der republikanischen Partei zunichte.
Freundlich gegenüber Hispanics
Das müsse nicht sein, sagt Mike Madrid, der für die erfolgreichen Präsidentschafts-Kampagnen George W. Bushs arbeitete. Texas habe fast die gleiche Demographie wie Kalifornien, auch dort sei ein Viertel der Wählerinnen und Wähler Latinos. Aber das Gegenteil sei geschehen: Während Texas vor zwanzig Jahren noch demokratisch wählte, befindet sich der US-Bundesstaat heute fest in republikanischer Hand.
«Das steht in direktem Zusammenhang dazu, wie die Partei vor zwanzig Jahren mit der Einwanderung umgegangen ist und heute wahrgenommen wird», sagt der Experte über die Latino-Wählerschaft. Die republikanische Partei sei in Texas viel freundlicher gegenüber den Hispanics, wie sie dort genannt werden. Sie wählten in Texas nicht selten zu 40 Prozent republikanisch, in Kalifornien überschritten sie knapp die 20-Prozent-Marke.
Schlechten Ruf eingebracht
Es gibt also regionale Unterschiede: In manchen Bundesstaaten sind die Republikaner bei den Latinos beliebter als in anderen. Doch Donalds Trumps lauter Ruf nach der Mauer an der Südgrenze und der Ausschaffung von 11 Millionen illegalen Einwanderern übertöne diese Nuancen und schade dem Image der Republikaner landesweit.
«Wir haben noch nie eine solch emotional aufgeladene Präsidentschafts-Kampagne gesehen», sagt Madrid. «Die republikanische Partei hat nun einen schlechten Ruf bei einer ganzen Generation von jungen Latino-Wählerinnen und Wählern.»
Die Latinos sind die jüngste und die am schnellsten wachsende Bevölkerungsgruppe der USA. Noch stellen sie rund 10 Prozent der Wählerschaft. Aber im Jahr 2060 sollen es mehr als 17 Prozent sein.
Kalifornien gewährt mit seiner grossen Latino-Bevölkerung einen Blick in die demographische Zukunft. Die republikanische Partei habe in diesen Präsidentschaftswahlen einen falschen Weg eingeschlagen, warnt Parteistratege Mike Madrid. Gehe sie diesen Weg weiter, so lande sie mittelfristig im politischen Abseits, wie in Kalifornien.