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Trump/Pence-Schilder auf einer Grünfläche, Schilder «Kindness» und «We are better than this» daneben.
Legende: Das Risiko ist gross, dass das Gespenst des Populismus auch in die Schweiz zurückkehrt, sagt Skenderovic. Reuters

US-Wahlen «Vieles vom Trump-Wahlkampf kennen wir in der Schweiz schon»

Mit Donald Trump wird ein Populist Präsident der Vereinigten Staaten. Einer, der diffuse Ängste schürt und die Regeln des Anstands bricht. Für viele kommt die Wahl überraschend – auch in der Schweiz. Historiker Damir Skenderovic erklärt, wie sich das auf die Politik hierzulande auswirken könnte.

Damir Skenderovic

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Damir Skenderovic

Damir Skenderovic ist Historiker an der Universität Freiburg im Üechtland und forscht zum Thema Populismus und Rassismus in der Schweiz nach 1945.

SRF News: Was sind die möglichen Auswirkungen der Wahl von Donald Trump auf die Schweizer Politik?

Damir Skenderovic: Zuerst muss man festhalten, dass das Gespenst des Populismus von Europa aus in die USA übergegangen ist. Die Chancen und Risiken, dass es wieder nach Europa zurückkommt, und zwar in einer verstärkten Form, sind meines Erachtens gross. Insbesondere auch in der Schweiz. Denn vieles, was wir während Trumps Wahlkampf gesehen haben, gleicht dem, was wir in Europa und in der Schweiz zum Teil seit den 90er-Jahren beobachten können. Eine Anti-Establishment-Politik, Ausgrenzungsdiskurse gegenüber Ausländern, dem Islam und den Muslimen. Der Populismus wird durch diese Wahl sicherlich verstärkt. Das wird sich auch in Ländern wir der Schweiz manifestieren.

Was macht Sie so sicher, dass es eine Stärkung des Populismus geben wird, kein Abflauen?

Eine der Folgen dieser Kampagne und dieser Wahl ist, dass die Grenzen des Sagbaren erweitert wurden. Wenn ein Präsident der USA gegen Frauen, gegen Minderheiten, gegen Muslime und Immigranten Wörter der Ausgrenzung brauchen kann, wird der Rahmen erweitert. Dieser Rahmen ist auch in der Schweiz und in Europa in den letzten 20 Jahren nachhaltig erweitert worden.

Eine der Folgen dieser Kampagne ist, dass die Grenzen des Sagbaren erweitert wurden.

Bei Abgrenzung denkt man hierzulande vor allem an die SVP. Hat die Partei direkte Kontakte zu Trump?

Das ist seit den 90er-Jahren immer wieder zur Debatte gestanden: Gibt es Verbindungen zwischen den verschiedenen rechtspopulistischen Parteien in Europa? Das hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Treffen finden statt, es werden gegenseitige Referenzen gemacht.

Bei der SVP hat man sich immer distanziert und sich zurückhaltend gezeigt auf offizieller Ebene. Aber man weiss, dass einzelne SVP-Mitglieder immer wieder in Paris sind und dort Zusammenarbeit stattfindet. Grundsätzlich gibt es hier in der Tat eine Abgrenzung gegenüber solchen Parteien. Aber wichtiger ist, ob die Inhalte ähnlich sind. Ausserdem wissen wir aus den letzten Jahren, dass der Applaus von rechtspopulistischen Parteien in Europa für einzelne Initiativen, politische Inhalte und Wahlsiege der SVP immer gross gewesen ist.

Die Demokraten müssen sich überlegen, was seit den 90er-Jahren schiefgelaufen ist.

Abgesehen vom Rechtspopulismus gibt es auch den Linkspopulismus. Könnte es nicht sein, dass sich die Linke Trump zum Vorbild nimmt?

Es stellt sich die Frage, wie man mit dem Wahlsieg eines Rechtspopulisten umgeht. Man muss sich auch selbst hinterfragen, was man dazu beigetragen hat. Da ist die USA ein gutes Beispiel. Die Demokraten müssen sich überlegen, was seit den 90er-Jahren schiefgelaufen ist, was man versäumt hat, was die Reaktionen und die Gegenstrategien sein können. Für die Schweiz heisst das für die nächsten Jahre, dass sich die SP grundsätzlich überlegen muss, wie man mit diesem scheinbar unaufhaltsamen Aufstieg des Rechtspopulismus im eigenen Land wie auch in Europa umgeht.

Das Gespräch führte Judith Huber.

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