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USA drohen mit Einfuhrzöllen «Weder Peking noch Washington wollen einen Handelskrieg»

Die beiden grossen Weltwirtschaftsmächte drohen sich gegenseitig: Die USA wollen Produkte aus China künftig mit Einfuhrzöllen belegen. Dafür gibt es aus China eine Retourkutsche: In einem aktuellen Leitartikel der staatlichen Zeitung «Global Times» heisst es: «Wenn ein Handelskrieg beginnt, werden sich leistungsfähige Länder nicht den USA beugen.» Jan Weidenfeld, Spezialist für transatlantische China-Politik beim Mercator Institute for China Studies mit Sitz in Berlin, ordnet Pekings Säbelrasseln ein.

Jan Weidenfeld

China-Experte beim Mercator Institute for China Studies

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In seiner Forschungsarbeit fokussiert Weidenfeld auf die sicherheitspolitischen Beziehungen zwischen China und Europa, Pekings transatlantischer Politik und Cyber-Diplomatie.

SRF News: Wie ist der Leitartikel in der «Global Times» zu deuten: Ist das eine konkrete Kampfansage an die USA oder nur eine Drohung?

Jan Weidenfeld: Zunächst muss man sehen, dass diese Zeitung eines der globalen Propaganda-Organe der Kommunistischen Partei Chinas ist. Als solches ist es nicht unbedingt für die leisen Töne bekannt. Die Stossrichtung ist aber natürlich deutlich. Das Signal Richtung Washington ist klar: Lasst das lieber sein mit den Zöllen. Aber damit steht China nicht alleine da. Ähnliche Stimmen kommen ja etwa auch aus Europa.

Sollte es zum Handelskrieg kommen, dann sei eine Beschwichtigung – eine Appeasement-Politik – keine Option, heisst es in der Zeitung weiter. Was meint China damit?

In erster Linie ist das ein Signal an die amerikanische Regierung, dass man sich grosse Sorgen macht ob der Ankündigung, Zölle auf chinesische Produkte zu erheben. Letztlich hat aber keine der beiden Parteien wirkliches Interesse an einem Handelskrieg. Auch US-Präsident Donald Trump geht es in erster Linie darum, seine Wählerschaft zu beeindrucken.

Mit Blick auf die wirtschaftlichen Zahlen kann keine der beiden Seiten ein Interesse an einem echten Handelskrieg haben.
Autor: Jan Weidenfeld Mercator Institute for China Studies

Auf der anderen Seite braucht Trump China, um eine Lösung in der Nordkorea-Frage herbeizuführen. Das ist ein eines seiner grossen Steckenpferde. Insofern glaube ich nicht an eine vollständige Eskalation, sondern an niederschwellige Vergeltungsmassnahmen, wenn die Strafzölle wirklich kommen sollten.

Aber ist der verbale und mediale Schlagabtausch zwischen China und den USA nicht bereits eine deutliche Eskalation?

Ganz klar gärt etwas und die Ankündigungen der amerikanischen Regierung sind harter Tobak. Und natürlich sieht sich die chinesische Führung auch dazu gezwungen, in Artikeln wie in der «Global Times» zu signalisieren, dass man sich das nicht gefallen lässt. Dennoch: Mit Blick auf die wirtschaftlichen Zahlen kann keine der beiden Seiten ein Interesse an einem echten Handelskrieg haben. Gleiches wird wohl mit gleichem vergolten werden; womöglich wird auch das Leben von US-Firmen in China erschwert. Das alles wird sich aber meines Erachtens im kleinen Rahmen bewegen.

Schon seit Jahren hört man, dass der grosse Handelskrieg zwischen den USA und China bevorstehe. Bis jetzt hat sich das glücklicherweise nicht bewahrheitet.
Autor: Jan Weidenfeld Mercator Institute for China Studies

Schon seit Jahren hört man, dass der grosse Handelskrieg zwischen den USA und China bevorstehe. Bis jetzt hat sich das glücklicherweise nicht bewahrheitet. Letztlich wäre das zum Nachteil aller – selbstredend auch für uns in Europa. Natürlich gibt es gewichtige Stimmen in der US-Administration, die sehr kritisch gegenüber China und dessen Handelspraktiken eingestellt sind. Sie haben aber den Blick dafür, was es für den Wohlstand in Amerika bedeuten würde, wenn man auf breiter Basis Schutz- und Strafzölle gegenüber China verhängen würde.

Das Gespräch führte Teresa Delgado.

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