- Die USA schicken keine Waffen mehr an syrische Rebellen, die gegen das Assad-Regime kämpfen. Das schreibt die US-Zeitung «Washington Post».
- Der Hauptgrund dafür sei, dass zahlreiche Rebellen, die mit amerikanischen Waffen ausgerüstet wurden, zur Terrormiliz IS übergelaufen seien.
- Das Blatt beruft sich auf Regierungskreise. Das Weisse Haus bestätigt dies nicht.
SRF News: Stimmen die Berichte über den Waffenlieferungsstopp der USA?
Fredy Gsteiger: Sie klingen plausibel. Davon gehen auch US-Sicherheitsexperten von diversen Denkfabriken und Universitäten aus. Da dürfte also etwas dran sein.
Und was halten Sie von der Begründung, dass Rebellen immer wieder auf die Seite des IS wechseln würden?
Dieses Argument stimmt. Es stimmt aber nicht erst seit heute, sondern seit langem. Denn seit mehreren Jahren sind der «Islamische Staat», aber auch die Al-Nusra-Front – also radikal-islamische Gruppierungen –, militärisch betrachtet viel stärker als die prodemokratische Opposition. Richtig ist auch, dass immer wieder einzelne Oppositionelle, einzelne Rebellen, aber auch ganze Gruppen zu diesen militärisch potenteren Verbänden übergelaufen sind. Und richtig ist auch, dass seit Jahren immer wieder Waffen, die nach Syrien kamen, am Ende bei den Radikalen landeten. Das Argument hätten die USA, wenn sie sich als militärische Unterstützer hätten zurückziehen wollen, schon vor Jahren vorbringen können.
Die USA haben die moderaten Rebellen in Syrien bisher nur mit leichten Waffen ausgerüstet. Was bedeutet das?
Es wurden ihnen nur leichte Waffen geliefert, Waffen zur Selbstverteidigung. Es waren offenbar auch eher geringere Lieferumfänge. Die Amerikaner haben die Rebellen hauptsächlich mit Kommunikationsmitteln, nachrichtendienstlichen Informationen, logistischer Hilfe bis hin zu Sanitätsmaterial unterstützt. Was nicht Teil der Lieferungen war – und das ist vielleicht fast wichtiger – waren schwere Waffen. Panzerbrechende Waffen zum Beispiel, oder Fliegerabwehrsysteme, die die Rebellen benötigt hätten, um etwas gegen Assads Luftwaffe zu unternehmen, etwa im Kampf um Aleppo. Dass die USA nie bereit waren, solche Waffen zu liefern, haben die Rebellen seit Jahren immer scharf kritisiert.
Wie einschneidend ist der Waffenstopp für die Rebellen in Syrien?
Es ist eher ein politisch bedeutsames Zeichen als ein militärisches. Die Rebellen sind inzwischen militärisch sowieso hoffnungslos unterlegen angesichts der Gegenkräfte des syrischen Regimes, von Russland und Iran. Wenn sie überhaupt in grösserem Umfang Waffen erhalten haben in den letzten Jahren, dann waren das nicht amerikanische Waffen, sondern eher Waffen aus Saudi-Arabien oder von den Vereinigten Arabischen Emiraten.
Man anerkennt damit, dass Syrien im Wesentlichen zur Einflusssphäre des Irans und Russlands gehört.
Diverse Medien schreiben, das sei ein Zugeständnis Trumps an Wladimir Putin, der den syrischen Machthaber Assad unterstützt. Stimmt das?
Das ist durchaus denkbar. Es hat sich schon gezeigt, dass eine gewisse US-russische Kooperation existiert bei der Etablierung des begrenzten Waffenstillstands im Südwesten des Landes – eines nicht sehr schwierig durchzusetzenden Waffenstillstands, muss man dazu sagen, weil dort ohnehin das syrische Regime die Überhand hat. Aber der Lieferstopp zeigt auch, dass letztlich auch die neue Regierung unter Trump keinen Appetit hat, in Syrien massiv einzugreifen. Es scheint auch so, dass der Regimewechsel, also der Sturz Baschar al-Assads, kein Thema mehr ist für Trump. Man arbeitet mit den Russen zusammen, solange man den Weg, den Terrorismus zu bekämpfen, gemeinsam gehen kann. Und man anerkennt damit implizit auch, dass Syrien im Wesentlichen zur Einflusssphäre des Irans und Russlands gehört.
Was bedeutet das für die Machtverhältnisse in der Region?
Es ist ein Einsehen der USA, dass sie das Steuer in Syrien nicht herumreissen können. Es sei denn, sie würden dort massiv militärisch eingreifen. Das wollen sie nicht. Damit sind die Kräfteverhältnisse im Land eigentlich klar. Das heisst nicht, dass die Lage in Syrien bereits stabil ist – weit gefehlt. Aber es ist klar, dass sich Assad, das syrische Regime, mit massiver Unterstützung von Iran und Russland wohl durchgesetzt hat und die USA dort keine grossen Ambitionen mehr haben.
Das Gespräch führte Joël Hafner.