Zum Inhalt springen

Stühlerücken in Washington Trump schickt Waltz zur UNO – als «Fall Guy» für Pete Hegseth?

Versetzen statt Feuern: Trump lobt den Sicherheitsberater zur UNO weg – und findet einen Sündenbock für «Signal-Gate».

Wer in Trumps Kabinett will, muss vor allem eines sein: loyal. Das weiss auch Mike Waltz. Trumps Nationaler Sicherheitsberater umschmeichelte den Präsidenten jüngst wie einen Sonnenkönig: «Unter Biden erlebte die Welt ein komplett führungsloses Amerika. Sie haben das in nur 100 Tagen korrigiert. Heute stehen die Vereinigten Staaten wieder für Stärke und werden überall respektiert.»

Es sollte vergebens sein. Wie Trump inzwischen bestätigt hat, muss Waltz seinen Posten räumen. Dafür soll er US-Botschafter bei der UNO in New York werden.

Seit «Signal-Affäre» unter Beschuss  

Hintergrund ist das sogenannte «Signal-Gate»: Dabei hatte Waltz im März einen Journalisten in den Gruppenchat einer kommerziellen App eingeladen, in der geheime Militärinformationen ausgetauscht wurden.

Chat
Legende: Emojis, Kraftmeierei und Europa-Bashing: Der Chat lieferte ungefilterte Einblicke in das Innenleben von Trumps Kabinett. Eine Peinlichkeit für das Weisse Haus. Screenshot des Chat, via «The Atlantic»

Nun muss Waltz die Verantwortung für «Signal-Gate» übernehmen. Obwohl Trump lange von einer «Hexenjagd» sprach und sagte, er entlasse keine Leute wegen «Fake News». «Der Druck wurde offenbar zu gross», schätzt SRF-Korrespondentin Barbara Colpi ein. Schon vor der Chat-Affäre sei Waltz in republikanischen Kreisen nicht unumstritten gewesen. Sogar Vizepräsident J.D. Vance soll Trump geraten haben, Waltz zu entlassen.

Zwei Männer.
Legende: Waltz (links) und Hegseth im Gespräch. Keystone/LUDOVIC MARIN

Ungewöhnlich ist das Stühlerücken in Trumps Kabinett nicht. In seiner ersten Amtszeit mussten Chefstratege Steve Bannon und Stabschef Reince Priebus bereits nach wenigen Monaten gehen; auch Sicherheitsberater Michael Flynn wurde zum Rücktritt gezwungen, weil er über seine Kontakte zu russischen Diplomaten gelogen hatte. Der republikanische Hardliner John Bolton reichte bald seinen Rücktritt als Sicherheitsberater ein – und gehört heute zu Trumps schärfsten Kritikern.

Bannon vor US-Flagge
Legende: Der ultrarechte Publizist Steve Bannon galt einst als Trumps Einflüsterer. Nach dessen Einzug ins Weisse Haus entfremdeten sich die beiden voneinander. Keystone/AP/Martin Divisek (Archiv)

Nun soll Waltz den vakanten Posten des US-Botschafters bei der UNO besetzen. Trump könnte damit zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Colpi spricht von einem cleveren Schachzug des US-Präsidenten: Der auf internationalem Parkett erfahrene Waltz bekäme damit eine – zumindest vordergründig – prestigeträchtige neue Aufgabe. «Ich fühle mich zutiefst geehrt, meinen Dienst für Präsident Trump und unsere grosse Nation fortzusetzen», schrieb Waltz auf X.

«Wegbefördert» wird Waltz keineswegs. «Es ist bekannt, wie wenig Trump von internationalen Organisationen hält», sagt Colpi. Und: Ob der Senat den schwer beschädigten Waltz für den Posten bestätigt, ist fraglich.

Das gesamte Sicherheits-Establishment in Trumps Administration ist eine einzige Clown-Show.
Autor: Richard Blumenthal Demokratischer Senator aus dem Bundesstaat Connecticut

US-Medien mutmassen, dass Waltz’ Entlassung einen «Hitzeschild» um Verteidigungsminister Pete Hegseth bilden soll. Der demokratische Senator Richard Blumenthal bezeichnet Waltz als «Fall Guy» (deutsch: «Sündenbock»), um Hegseth im Amt zu halten: «Das gesamte Sicherheits-Establishment in Trumps Administration ist eine einzige Clown-Show.»

Folgt Witkoff auf Waltz?

Box aufklappen Box zuklappen
Witkoff bei Putin.
Legende: Witkoff ist in den letzten Wochen mehrfach als Trumps «Sondergesandter» zu Kreml-Chef Putin nach Moskau gereist. Keystone/EPA/Sputnik

Wer Waltz’ Beraterposten langfristig übernehmen könnte, ist noch unklar. Ein Insider verwies gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters auf den Sondergesandten Steve Witkoff. Dieser sei an den Verhandlungen zum Ukraine-Krieg und dem Gaza-Konflikt beteiligt gewesen.

Den Beraterposten werde zunächst Aussenminister Marco Rubio übernehmen, bis ein Nachfolger gefunden worden sei, erklärte Trump. Es ist das erste Mal seit Henry Kissinger in den 70er Jahren, dass die Ämter des Aussenministers und des Nationalen Sicherheitsberaters von derselben Person ausgeübt werden.

Der ehemalige Kommentator des rechten TV-Senders Fox News Hegseth gilt als Vertrauter von Trump. Bislang zeigte sich der Präsident immun gegen jedwede Kritik an seinem Intimus. Auf Medienberichte, wonach Hegseth Militärpläne im Familienchat mit seiner Frau geteilt haben soll, reagierte er demonstrativ gelangweilt: «Jetzt kommt ihr schon wieder damit? Lass euch mal was Neues einfallen.»

«Wir wissen aber, dass Trump seine Meinung schnell ändern kann», sagt Colpi.  «Ohne Zweifel hat Waltz’ Entlassung den Druck auf Hegseth erhöht.»  Das Pentagon hat Ermittlungen gegen ihn eingeleitet. Diese könnten Hegseth weiter belasten – und ihm Trumps Welpenschutz entreissen.

Heute Morgen, 02.05.2025, 6 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel