Burkina Faso im Westen Afrikas hat Homosexualität verboten. Queeren Menschen drohen dort Haftstrafen bis zu fünf Jahren. Das Land reiht sich in eine Liste von rund dreissig afrikanischen Ländern ein, die Homosexualität kriminalisiert haben. Woher diese Entwicklung kommt, weiss Bettina Rühl, freie Journalistin in Kenia.
SRF News: Wie ist die Situation vor Ort in Burkina Faso?
Bettina Rühl: In Burkina Faso hat eine Militärregierung die Macht übernommen, mit dem Versprechen, die schwierige Sicherheitslage zu verbessern. Das gelingt nicht. Nun sucht sie Punkte, mit denen sie die Bevölkerung wieder stärker hinter sich sammeln kann. Und das ist die homofeindliche Stimmung. Doch noch vor wenigen Jahren war Burkina Faso relativ homosexuellenfreundlich.
Homosexualität wird als etwas dargestellt, was dekadenter westlicher Einfluss sei.
Wie ist es dazu gekommen?
Wie viele andere Länder in Westafrika hat auch Burkina Faso den Militärputsch mit dem starken Einfluss ehemaliger Kolonialmächte, vor allem Frankreichs, begründet. Viele Menschen in diesen Ländern stehen hinter der antiwestlichen Haltung. Homosexualität wird dabei als etwas dargestellt, was dekadenter westlicher Einfluss sei. Das ist der Kern des Erfolgs dieser Narrative, die behaupten, der Westen habe die Homosexualität afrikanischen Gesellschaften übergestülpt. Zudem hat die Militärregierung enge Verbindungen zu Russland, welches diese Narrative fördert.
In Uganda droht seit letztem Jahr die Todesstrafe für Homosexualität. Weshalb führen immer mehr afrikanische Länder solche Gesetze ein?
In Uganda gibt es seit zwölf Jahren Versuche von US-Evangelikalen, die Gesetzgebung strenger zu machen. Sie haben versucht, Einfluss auf bestimmte Parlamentarier in Uganda zu nehmen, die daraufhin Gesetzesanträge eingebracht haben.
Sie ist die einzige Weisse, aber sie nimmt für sich in Anspruch, dass sie den anderen ihre afrikanische Kultur erklärt.
Diese Gruppen agieren offiziell, indem sie argumentieren, sie stehen für Familienwerte ein. Und das heisst: Vater, Mutter und zwei oder mehr Kinder. Sharon Slater, eine Mormonin, die in Washington politisch gut vernetzt ist, hat eine Arbeitsgruppe in den Vereinten Nationen gegründet. Dadurch kommt sie in Kontakt mit hochkarätigen afrikanischen Politikern. So kann sie ihre Werte verbreiten und Einfluss nehmen.
Wie geht es zusammen, dass afrikanische Regierungen argumentieren, Homosexualität sei ein Hirngespinst des Westens, wenn gleichzeitig radikale Christen diese vor Ort verbieten wollen?
In meinem Verständnis geht das nicht zusammen. Erstaunlicherweise wird dieser Widerspruch kaum wahrgenommen. Bei einem Treffen in Uganda gibt es Bilder, bei denen die weiss-amerikanische Sharon Slater zwischen Uganderinnen und Ugandern steht. Sie ist die einzige Weisse, aber sie nimmt für sich in Anspruch, dass sie den anderen ihre afrikanische Kultur erklärt. Das ist absurd.
Viele afrikanische Länder waren Homosexualität gegenüber neutral.
Stimmt es aus historischer Sicht, dass Homosexualität nicht zu den afrikanischen Werten gehört?
Nein, ganz im Gegenteil. Viele afrikanische Länder waren Homosexualität gegenüber neutral. Das wurde nicht thematisiert und es gab dazu keine Gesetze. Diese sind erst mit den Kolonialmächten gekommen und mehr oder weniger stehen geblieben. Insofern ist dieses Argument auch historisch einfach falsch.
Es ist auf der Agenda dieser Gruppen, ihren Einfluss auszuweiten.
Wie geht diese Entwicklung weiter?
Derzeit ist Kenia stark im Fokus. Dort wurde dieses Jahr eine Konferenz für Familienwerte abgehalten. In anderen Ländern, wie beispielsweise Ghana, sind die Gesetze bereits sehr streng. Es ist auf der Agenda dieser Gruppen, ihren Einfluss auszuweiten. Es ist ein Ziel, das von ihnen konkret verfolgt wird.
Das Gespräch führte Silvia Staub.