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Verbote in Afghanistan Taliban erlässt weitere Verbote für Frauen – Kritik von der UNO

Kein Singen oder lautes Lesen in der Öffentlichkeit und vollständige Verschleierung vor fremden Männern: Die UNO kritisiert das neue Tugendgesetz der Taliban scharf.

Die in Afghanistan herrschenden Taliban verbieten in einem neuen «Tugendgesetz» Frauen das öffentliche Singen oder Rezitieren. Auch müssen sie sich in Gegenwart fremder Männer vollständig verschleiern. Das Gesetz basiert auf einem Erlass des geistlichen Führers der Taliban, Haibatullah Achundsada. Der Erlass tritt aber erst jetzt offiziell als Gesetz in Kraft.

Der Klang einer weiblichen Stimme als moralischer Verstoss

Das Regelwerk soll dafür dienen, die strengen Vorgaben der sogenannten Sittenpolizei durchzusetzen. Demnach müssen Frauen in der Gegenwart von Männern, die nicht mit ihnen verwandt sind, Gesicht und Körper verhüllen. Die Stimme einer Frau sei intim, verboten ist ihnen daher auch das Singen, lautes Lesen oder Rezitieren in der Öffentlichkeit.

Das afghanische Volk hat etwas Besseres verdient, als eingesperrt zu werden.
Autor: Roza Otunbajewa Leiterin UNO-Mission Afghanistan

Die neuen Gesetze bieten eine «beängstigende Vision» für die Zukunft Afghanistans, warnt die Leiterin der UNO-Mission im Land, Roza Otunbajewa. Die Gesetze erweiterten die «bereits unerträglichen Einschränkungen» der Rechte von Frauen und Mädchen, wobei «selbst der Klang einer weiblichen Stimme» ausserhalb des Hauses offenbar als moralischer Verstoss gilt.

Frau in blauer Burka hält ein Kind vor einer Lehmwand.
Legende: Mit den neuen Verbotet weiten die Taliban ihre Kontrolle über das Alltagsleben in Afghanistan aus. IMAGO / Middle East Images

«Nach jahrzehntelangem Krieg und inmitten einer schrecklichen humanitären Krise hat das afghanische Volk etwas Besseres verdient, als bedroht oder eingesperrt zu werden, wenn es zu spät zum Gebet kommt, einen Blick auf ein Mitglied des anderen Geschlechts wirft, das kein Familienmitglied ist, oder ein Foto eines geliebten Menschen besitzt», sagte Otunbajewa.

Die UNO-Mission erklärte, sie prüfe das neu ratifizierte Gesetz und seine Folgen für die Afghanen und Afghaninnen sowie seine möglichen Auswirkungen auf die UNO und andere humanitäre Hilfe.

Verbote zu Homosexualität, Musik und ausserehelichen Beziehungen

Das Gesetz wurde vom obersten Führer der militanten Islamisten, Haibatullah Achundsada, unterschrieben. Männern schreibt das Gesetz Bart- und Hosenlänge vor. Zu weiteren Verboten zählen für Männer und Frauen Homosexualität, Musik oder aussereheliche Beziehungen.

Neu sind diese Regelungen nicht, sie existierten bereits als Vorgaben durch das Tugendministerium. Nun hat das Justizministerium diese schriftlich festgelegt und das Tugendministerium mit der Durchsetzung beauftragt.

UNO: Anerkennung der Taliban nahezu unmöglich

Abzuwarten bleibt laut Beobachtern, wie konsequent die Regeln tatsächlich durchgesetzt werden. Bei ihrer erneuten Machtübernahme im August 2021 hatten die Taliban noch eine moderatere Regierungsform in Aussicht gestellt. Ihre Regierung ist jedoch äusserst autoritär und beschneidet Frauenrechte massiv.

Die Vereinten Nationen haben bereits in der Vergangenheit erklärt, dass eine offizielle Anerkennung der Taliban als rechtmässige Herrscher Afghanistans nahezu unmöglich ist, solange die Beschränkungen für Frauen und Mädchen bestehen bleiben.

Echo der Zeit, 25.08.2024, 18 Uhr ; 

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