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Verhandlungen Israel/Hamas Geiselverhandlungen: «Es kann noch vieles schieflaufen»

Gershon Baskin pflegt als einer von wenigen Israeli direkte Kontakte zu Hamas-Mitgliedern. Im Interview erklärt er, wie die aktuellen Verhandlungen mit Israel über die Geiseln ablaufen und was diese besonders schwierig machen.

Gershon Baskin

Nahost-Leiter der NGO «International Communities Organization»

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Baskin ist einer der wenigen Israeli mit direkten Hamas-Kontakten. Er setzte sich für die Freilassung des israelischen Soldaten Gilad Shalit ein, der fünf Jahre von der Hamas gefangen gehalten worden ist. Baskin eröffnete und pflegte geheime Kommunikationskanäle zur Hamas. Den Kontakt zu einigen Hamas-Entscheidern hält Baskin nach eigenen Angaben weiterhin aufrecht.

SRF News: Gershon Baskin, wie beurteilen Sie die aktuellen Verhandlungen?

Gershon Baskin: Die Israelis wollen ihre Verhandlungspartner töten. Das macht diese Verhandlungen sehr seltsam und ungewöhnlich.

Wie laufen die Verhandlungen in etwa ab?

Die Israelis reden nicht direkt mit der Hamas, sondern via Ägypten und Katar. Dazu kommt, dass die Hamas-Mitglieder in Katar wohl keine direkte Verbindung zu jenen im Untergrund im Gazastreifen haben, welche die wirklichen Entscheidungen treffen. Somit ist die Kommunikation sehr verworren.

Weshalb?

Die Hamas-Führung in Gaza nutzt keine digitalen Kommunikationsgeräte. Andernfalls könnten die Israelis sie lokalisieren und gezielt angreifen. So ist die Hamas auf Boten angewiesen, die über verschiedene Personen Nachrichten weitergeben, bis diese Doha erreicht. Die Ägypter auf der anderen Seite haben sehr wahrscheinlich viel einfacher Zugang zu den Hamas-Leadern in Gaza, da sie eine gemeinsame Grenze haben, die sie passieren können.

Die Leute, die reden, wissen es nicht und die Leute, die es wissen, reden nicht.

Wann rechnen Sie mit Ergebnissen?

Basierend auf meinen Erfahrungen kann ich nur sagen: Es gibt erst dann einen Deal, wenn es einen Deal gibt. Und wenn dieser Deal der israelischen Regierung präsentiert wird, wird es bereits die ganze Welt wissen. Die Regierung muss dann zuerst darüber diskutieren und ihn akzeptieren. Aber bis die Geiseln die Grenze sicher passiert haben, kann vieles schieflaufen. Deshalb müssen wir vorsichtig sein, zu viel von diesen Verhandlungen zu erwarten.

Vor vier Wochen gab es bereits Gerüchte, dass 50 Geiseln freigelassen werden sollten. Und aktuell soll man ebenfalls kurz davorstehen, einen Deal zu verabschieden. Was halten Sie davon?

Aktuell bekommt man alle paar Tage Neues zu hören: Mal soll es einen drei-, vier oder fünftägigen Waffenstillstand geben oder dann die Geiseln in Gruppen von fünf oder zehn Personen freigelassen werden. Man weiss es einfach nicht. Es gibt viele Leute, die sich dazu äussern. Meistens ist es so, dass die Leute, die reden, es nicht wirklich wissen und die Leute, die es wissen, nicht reden. Es sind also alles nur Gerüchte und diese machen alle Beteiligte verrückt – besonders die Familien der Geiseln.

Wir wissen nichts über die Situation der Geiseln.

Was macht die Gespräche besonders schwierig?

Dass man nicht direkt mit den richtigen Leuten reden kann, sondern nur über Vermittler. Diese sind zwar wichtig, haben aber ihre eigenen Interessen. Katar als Beispiel: Ein Staat, der den Terrorismus der Hamas aktiv unterstützt – gar einem Teil der Hamas-Führung Unterschlupf bietet – und dessen Staatssender Al Jazeera, der ein Sprachrohr der Hamas ist.

Und die Geiseln?

Wir wissen nichts über die Situation der Geiseln: Wie viele genau es sind, ob sie verletzt sind und ob sie medizinisch versorgt werden. Es ist sehr schwierig zu verhandeln, wenn die israelischen Geiseln an der Grenze möglicherweise in Leichensäcken übergeben werden. Denn das könnte auch eine Realität sein.

Das Gespräch führten Jonas Bischoff und Anita Bünter.

Tagesschau, 21.11.2023, 18:00 Uhr ; 

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