- In der deutschen Stadt Erding wurde die Polizei auf einen Mann in Tarnanzug mit Waffe im öffentlichen Raum aufmerksam gemacht.
- Daraufhin schickte die Polizei «starke Kräfte» an den Ort des Geschehens – bei dem darauffolgenden Gefecht wurde ein Soldat leicht verletzt.
- Später stellte sich heraus, dass der Mann im Tarnanzug im Rahmen einer Übung der Bundeswehr unterwegs gewesen war.
- Nun laufen auf beiden Seiten Untersuchungen, wie es zu diesem Zwischenfall kommen konnte.
Das skurril anmutende Geschehnis hat sich nach Angaben deutscher Medien folgendermassen abgespielt: Am Mittwochabend wurde der Polizei in Erding gemeldet, dass in der Stadt ein Mann in Tarnanzug und mit Gewehr unterwegs sei. Daraufhin schlug die Polizei Alarm und schickte ein Grossaufgebot an Einsatzkräften in den betroffenen Stadtteil, darunter schwere Geschütze und ein Helikopter.
Übung der Bundeswehr
Die Bundeswehr führte zu diesem Zeitpunkt eine grosse Militärübung an mehreren Standorten in Bayern durch. Der Polizei war dies bekannt. Nicht bekannt war ihr allerdings, dass der konkrete Ort des Geschehens die Stadt Erding war.
Die Militärübung unter dem Namen «Marshal Power» hat am Mittwoch begonnen. Sie dauert bis nächste Woche und laut dem Bayrischen Rundfunk sind mehr als 500 Soldatinnen und Soldaten beteiligt. Sie üben, wie sie eine fiktive Frontlinie im öffentlichen Raum – auch in Städten – gegen Angreifer verteidigen.
In der konkreten Situation in Erding hielten die Soldaten die anrückende Polizei für fingierte Angreifer, sie gingen davon aus, dass sie Teil der Übung sei. Konsequenterweise begannen sie, die Angreifer zurückzudrängen.
Mit scharfer Munition gegen Übungsmunition
Das Militär eröffnete das Feuer – mit Übungsmunition. «Die Übungsmunition knallt sehr laut, geschossen wird damit aber nichts», sagt Julius Schmid, SRF-4-Redaktor, der sich einen Medienüberblick über das Geschehen verschafft hat. Dass es sich um Übungsmunition handelte, wusste die Polizei zu diesem Zeitpunkt nicht. Sie ging davon aus, dass jemand mit scharfer Munition auf sie schiesst.
Deshalb schossen die Polizisten mit scharfer Munition zurück. Dabei wurde ein Soldat von einem Schuss gestreift. Der Verletzte wurde in ein Spital gebracht, aber noch am selben Abend wieder entlassen.
«Kommunikationspanne absolute Katastrophe»
Die Staatsanwaltschaft Landshut und die Bundeswehr prüfen nun den Vorfall. Die Polizei ging am Mittwochnachmittag von einer «Kommunikationspanne» als Ursache aus. Über die grossangelegte, in verschiedenen Regionen mit verschiedenen Manövern geplante gemeinsame Übung «Marshal Power» habe man zwar Bescheid gewusst, sagte der Sprecher der Polizei. Aber: «Wir wussten nicht, dass zu diesem Zeitpunkt dort geübt wird», sagte ein Sprecher gegenüber der Nachrichtenagentur dpa.
Nach Angaben der Bundeswehr war die Übung mit den Kommunen und Behörden abgestimmt. Den Landkreis Erding hatte die Bundeswehr in einer Mitteilung vorab aber nicht explizit als Ort des Geschehens benannt.
Der Landrat des Kreises Erding, Martin Bayerstorfer, nannte die Kommunikation eine «absolute Katastrophe». In Deutschland ist ein Landrat Hauptverwaltungsbeamter eines deutschen Landkreises und oberster Kommunalbeamter.