Die Fanfarenklänge von RAI Uno hallten lange Zeit wie ein Weckruf durch Italiens Stuben. Man hörte zumindest für einen Augenblick auf, zu essen oder zu schwatzen und lauschte den Schlagzeilen der RAI. Doch das ist vorbei.
Die Einschaltquoten sind rückläufig. Im vergangenen Jahr haben die diversen TV-Kanäle der Familie Berlusconi erstmals mehr Publikum angezogen als die über Gebühren- und Werbe-Einnahmen finanzierten Programme des Staatssenders RAI, wie «La Repubblica» schreibt.
Die Stars verlassen RAI in Richtung Private
Die Ursachen für den Aderlass sind vielfältig. Da gibt es auf der einen Seite die zahlreichen Publikumslieblinge, die der RAI den Rücken kehren – auch weil die private Konkurrenz weit besser bezahlt.
Eines der bekanntesten Beispiele ist die Grande Dame des politischen Journalismus in Italien, Lilli Gruber.
Die aus Südtirol stammende Star-Journalistin hat die RAI schon vor langem verlassen und ist ausschliesslich auf dem Privatsender La Sette zu sehen. Gruber ist aber längst nicht die einzige.
Auch Amadeus kehrt RAI den Rücken
Dieser Tage wurde bekannt, dass auch Amadeus die RAI verlässt und zur Privatkonkurrenz wechselt. Amadeus ist der Künstlername von Amedeo Sebastiani. Seit Jahren präsentiert er nach der Tagesschau auf RAI Uno eine Spielshow.
Amadeus war für die RAI stets ein Quotenheld. Jeden Abend hatte er eine Show. Auch die Silvesterparty moderierte Amadeus oder fünf lange Abende des Musikfestivals von San Remo. Durchschnittliche Einschaltquote: sagenhafte 55 Prozent.
Doch auch damit ist Schluss. Amadeus wechselt zu Discovery, einem neuen Anbieter, der Italiens Mattscheiben aufmischen möchte.
Meloni setzte genehme Leute auf RAI-Posten
Dass das Publikum weniger RAI konsumiert, hat aber auch politische Gründe. Denn wechselt in Italien die Regierung, dann beginnt bei der RAI jeweils das grosse Reinemachen. Das betrifft nicht nur die Chefetage, sondern geht bis in die einzelnen Redaktionen hinunter.
Als also Giorgia Meloni und ihre Rechtskoalition in die Römer Palazzi einzogen, platzierten sie bei der RAI besonders viele ihrer Getreuen. Aber nicht immer die Besten. Diverse Sendungen, die von Gefolgsleuten der neuen Rechtsregierung moderiert werden, floppten.
Das Publikum wandert ab
Und die Journalisten, die diese Sendungen zuvor geleitet hatten, wechselten zu den Privaten. Einige von ihnen, wie Fabio Fazio oder Bianca Berlinguer, nahmen dabei auch ihre Sendungsformate mit zur Konkurrenz. Und mit den Sendungen auch noch einen Teil des Publikums. Das Gleiche könnte nun mit Amadeus geschehen.
Die RAI könnte, schreiben einige Zeitungen, gar das Musikfestival von San Remo an die Konkurrenz verlieren. Soweit ist es aber noch nicht.
Doch viele Leute, die sich eine unabhängigere oder progressivere RAI wünschen, fühlen sich medial heimatlos. Und paradoxerweise sind es ausgerechnet die privaten Sender, die meist rechtsstehenden Unternehmer-Familien gehören, die das eher linke Publikum nun besser bedienen als die RAI.