In der europäischen Migrationspolitik werden die Schrauben angezogen: Grossbritannien will Asylverfahren nach Ruanda auslagern, die neue niederländische Rechtskoalition kündigt die «strengste Asylpolitik» aller Zeiten an und auch in Österreich fährt die Regierung aus ÖVP und Grünen ein härteres Regime.
Diese Woche verkündete Innenminister Gerhard Karner, dass die verschärfte Asylpolitik mit mehr Grenzkontrollen und Abschiebungen bereits Wirkung zeigt.
«Keine allein umherziehende Männer mehr»
«Die Schlepper machen jetzt einen Bogen um Österreich», sagte der konservative Politiker der «Welt». Im ersten Quartal 2023 seien an der Grenze zu Ungarn noch 4450 illegale Migranten aufgegriffen worden, in diesem Jahr seien es bis März nur 190 Personen gewesen. «Damals kamen vor allem allein umherziehende Männer. Das hat aufgehört.»
Ein Grund seien viel mehr Kontrollen an den Grenzübergängen und in den Grenzräumen. Gleichzeitig seien Asylverfahren beschleunigt worden. «Zudem greifen wir hart durch bei Rückführungen illegaler und straffällig gewordener Migranten. Das alles setzt das Signal an die Schlepper-Mafia: Österreich ist kein gutes Pflaster für uns.»
Die restriktiven Massnahmen zeigen offenbar Wirkung. Eva Linsinger, Inland-Chefin des österreichischen Wochenmagazins «Profil», gibt aber zu bedenken, dass es sich um eine Momentaufnahme handeln könnte. «Die grosse Zeit der Mittelmeerüberquerungen kommt im Sommer.»
«Keine falschen Tabus»
Dazu kommt: Wie auch die Schweiz und andere europäische Staaten versucht Österreich, Menschen ohne Aussicht auf Bleiberecht zurückzuführen oder abzuschieben. Manche der Herkunftsländer nehmen diese aber nicht zurück; in andere Staaten ist eine Rückführung aufgrund der prekären Situation dort nicht möglich.
In dieser Frage wagt sich der österreichische Innenminister weit vor. Karner plädiert zunächst dafür, dass straffällig gewordene Afghanen möglichst zurückgeschickt werden. «Im Fall von Syrien würde ich noch weitergehen: So gilt die Region Latakia als ziemlich sicher. Warum sollten wir künftig Syrer dorthin nicht zurückschicken? Da darf es keine falschen Tabus geben.»
DNA-Tests bei Familiennachzug
Österreich lotet seinen Handlungsspielraum bei der Asylpolitik aus. Als EU-Land muss es aber auch Vorgaben aus Brüssel einhalten – so etwa beim Familiennachzug. «Dieser ist nach einhelliger Meinung von Experten und Politikern derzeit das grösste Problem», berichtet Linsinger.
Die Regierung in Wien plant nun, den DNA-Test im Rahmen des Familiennachzugs zu standardisieren. Damit soll gesichert werden, dass es sich tatsächlich um Angehörige von Geflüchteten handelt.
Die Forderungen, dass auch andere EU-Staaten ihren Teil leisten müssen, werden immer lauter.
Der Kurs der Regierung sei in Österreich weitgehend unbestritten, sagt Linsinger. Es mangle an Wohnraum, Schulen und die Integration der Geflüchteten in den Arbeitsmarkt gestalte sich schwierig. «Auch liberale Politiker wie der Wiener Vizebürgermeister sagen, dass Wien und andere Städte an der Grenze der Belastbarkeit sind.»
Insgesamt zeichnet Linsinger aber ein gemischtes Bild der österreichischen Migrationspolitik. In den vergangenen Jahren habe das Land nämlich sehr grosszügig Asylsuchende aufgenommen, gerade auch aus der Ukraine. Und es gebe auch das Bekenntnis dazu, dass Österreich seinen Teil erfüllen müsse. «Die Forderungen, dass auch andere EU-Staaten ihren Teil leisten müssen, werden aber immer lauter.»