Szekesfehervar liegt im reichen Westen Ungarns. Die Arbeitslosigkeit liegt nahe bei null. Die Löhne sind hoch, die Leute zufrieden. «Mir geht es besser als vor vier, acht oder zwölf Jahren, das ist, was für mich zählt», sagt ein Mann. Darum will er die Partei Fidesz noch einmal wählen. Er ist einer der wenigen an diesem Nachmittag, die offen zur Regierung stehen.
«Ich bin nur noch zum Teil für Fidesz», sagt dagegen eine junge Frau. Vor vier Jahren war sie noch klar für die Regierung. Jetzt zögert sie, wegen der grossen Korruptionsgeschichten im nächsten Umfeld von Premier Orban.
Klare Machtverhältnisse als Hürde
Die Zweidrittelmehrheit habe die Partei arrogant und übermütig gemacht und dürfe sich nicht wiederholen. Viele Fidesz-Anhänger denken laut Umfragen inzwischen so.
Weniger kritisch sieht es eine ältere Dame. Ungarn sei auf einem stabilen Weg, sagt sie. «Ich fühle mich wohl, aber verraten, für wen ich wähle, möchte ich nicht.» Überzeugte Regierungsanhängerinnen sprechen anders.
Umso deutlicher äussern sich Orbans Gegner: «Wir müssen das einseitige Kräfteverhältnis im Parlament beenden, und wer diesmal nicht wählen geht, ist ein Kollaborateur der Regierung.» Das sehen auch ehemalige Nichtwähler so.
Korruption mobilisiert Nichtwähler
Tatsächlich deuten Umfragen darauf hin, dass Neuwähler die Wahl entscheiden könnten. Je höher die Wahlbeteiligung, desto gefährlicher wird es für die Regierung. Zumal viele ihrer ehemaligen Wähler den Glauben zu verlieren scheinen.
Es gibt sonst nichts. Links ist niemand, und rechts ist niemand.
«Die Dinge gehen natürlich in die richtige Richtung – die Propaganda sagt es ja», so ein Spötter. «Und ja, ich verdiene mehr als vor acht Jahren. Aber die Stimmung im Land ist viel schlechter.»
Keine Alternative zu Orban?
Die Leute seien nervös, frustriert, viele zögen weg, die Medien seien eingeschränkt. Etwas müsse sich ändern. Also wird er nicht Fidesz wählen? «Es gibt sonst nichts. Links ist niemand, und rechts ist niemand.» Das stimmt natürlich nicht. Aber die Alternativen überzeugen ihn nicht.
Wenn Orban nach acht Jahren noch einmal gewinnt, so der Eindruck nach einem Besuch in Szekesfehervar, dann nur, weil viele seiner Wählerinnen und Wähler ihm nach wie vor weniger misstrauen als der Opposition.