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Vor Gericht Hunter Biden könnte seinem Vater politisch schaden

US-Präsident Joe Biden sieht sich mit Negativ-Schlagzeilen um seinen Sohn Hunter konfrontiert. Am Dienstag muss Hunter Biden vor Gericht erscheinen. Er hat zuletzt mit dem Justizministerium eine Einigung erzielt: Er bekennt sich schuldig der Steuerhinterziehung und falscher Angaben beim Erwerb einer Handfeuerwaffe. Dafür soll er nach Begleichung aller Steuerschulden unter Auflagen davonkommen. Die Republikaner werfen darum Hunter Biden und dem Justizministerium vor, einen «Sweetheart-Deal» abgeschlossen zu haben. Der frühere US-Bundesstaatsanwalt Shan Wu ordnet ein.

Shan Wu

Ehemaliger US-Bundesstaatsanwalt

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Shan Wu ist ehemaliger US-Bundesstaatsanwalt und gehörte zum Beraterstab des Justizministers während der Clinton-Regierung. Heute ist er als Anwalt tätig und beliefert verschiedene Medien mit Analysen, hauptsächlich CNN.

SRF News: Erhielt der Sohn von Präsident Biden eine Sonderbehandlung?

Shan Wu: Meiner Meinung nach hat Hunter Biden das Gegenteil eines «Sweetheart-Deals» erhalten. Wäre Hunter Biden nicht der Sohn des aktuellen Präsidenten, dann wären diese Vorwürfe aller Wahrscheinlichkeit nach im Nirgendwo verlaufen. Es ist selten, dass diese Art von Steuerhinterziehung in ein solches Verfahren mündet. Dazu müsste er mehrere Millionen hinterzogen haben. Hunter Biden ist weit davon entfernt.

Meistens enden Fälle wie der von Hunter Biden mit der Nachzahlung der Steuern und einer Busse. Dasselbe gilt für die falschen Angaben beim Erwerb der Handfeuerwaffe. Justizminister Merrick Garland wollte offensichtlich um jeden Preis den Eindruck vermeiden, Hunter Biden gegenüber gefällig zu wirken.

Die Republikaner haben zwei Untersuchungen eingeleitet und werfen der Biden-Regierung vor, die Justiz zu politisieren …

Natürlich ist es ein politischer Fall. Das ist immer der Fall, wenn hochrangige politische Persönlichkeiten involviert sind. Und das Justizministerium ist sich dessen sehr wohl bewusst. Nur bin ich der Meinung, dass Justizminister Garland mit seinem ausgesprochenen Bemühen, nicht politisch zu wirken, die Entscheide umso stärker politisiert hat.

Dass aus dem Familiennamen eines Präsidenten Profit geschlagen werden kann, ist ein ungelöstes Problem.

Auffällig ist, dass von dem berühmten Laptop Hunter Bidens, auf dem die Republikaner Beweise für korruptes Verhalten in der Ukraine und China gefunden haben wollen, in diesem Abkommen zwischen Hunter Biden und dem Justizministerium keine Rede ist. Weshalb?

Dieser Laptop ist tatsächlich ein sehr ungewöhnliches Beweisstück. Es ist vermutlich eines der am schwächsten geschützten Beweisstücke in einem solch sensitiven Fall in der ganzen Geschichte. Ich bin mir zweier Dinge sicher: Die Ermittler haben diesen Laptop genauestens untersucht. Die Tatsache, dass er in den Anschuldigungen nicht erwähnt wird, deutet darauf hin, dass es nichts gibt. Und dann hatten auch viele andere Parteien Zugriff auf diesen Laptop. Die Tatsache, dass auch diese Parteien bislang keine belastbaren Beweisstücke zutage gefördert haben, lässt mich zum Schluss kommen, dass auf diesem Laptop nichts strafrechtlich Relevantes zu finden ist.

Trotzdem. Auch wenn Hunter Biden mit diesem Abkommen einen Schlussstrich unter die aktuelle Untersuchung ziehen kann – es bleibt ein schaler Nachgeschmack.

Mit ihren Vorwürfen, dass Hunter Biden von seinem Familiennamen profitiert habe, haben die Republikaner und alle anderen Kritiker natürlich einen Punkt. Diese Vorwürfe gab es schon gegen den Sohn von Franklin D. Roosevelt, gegen den Bruder von Richard Nixon, den Bruder von Jimmy Carter oder die Kinder von Donald Trump. Dass aus dem Familiennamen eines Präsidenten Profit geschlagen werden kann, ist ein ungelöstes Problem. Aber bislang keines, das mit einem Strafverfahren gelöst werden kann.

Das Gespräch führte Pascal Weber.

Tagesschau, 22.07.2023, 19:30 Uhr ; 

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