- Drei Wochen vor dem umstrittenen Unabhängigkeitsreferendum in Katalonien sind in Barcelona Hunderttausende auf die Strassen gegangen, um für die Abspaltung der Region von Spanien zu demonstrieren.
- Die Separatisten wollen die Abstimmung ungeachtet eines Verbots des Verfassungsgerichts und des resoluten Widerstandes der Zentralregierung in Madrid durchführen.
Die Polizei schätzte die Zahl der Teilnehmer auf eine Million. «Die Unabhängigkeitsbefürworter überfluten Barcelona», bilanzierte die Madrider Zeitung «El País». Die zum Katalonien-Platz führende Prachtavenue Passeig de Gràcia im Zentrum Barcelonas war schon Stunden vor dem offiziellen Beginn der Veranstaltung über eine Distanz von mehreren Kilometern mit Menschen gefüllt.
Neben Regionalpolitikern und Amtsträgern aller Couleur waren auch bekannte Künstler, Unternehmer und Sportler unter den Teilnehmern. Zu den aktiven Unterstützern der Unabhängigkeitsbewegung gehören auch Fussball-Nationalspieler Gerard Piqué und der frühere Startrainer von Bayern München, Josep Guardiola, der jetzt Manchester City coacht. Die Demonstranten trugen gelb-rot gestreifte katalanische Fahnen sowie Plakate mit Aufschriften wie «Referendum ist Demokratie» und «Bye-bye Spain».
Demonstration blieb friedlich
Die Separatisten planen im Fall eines Sieges am 1. Oktober eine Unabhängigkeitserklärung sowie die Einleitung eines verfassunggebenden Prozesses innerhalb von zwei Tagen. Obwohl Fahnen von Spanien und der EU verbrannt wurden, lief die Demo vorwiegend friedlich ab. Es gab Musikgruppen und Autofahrer veranstalteten Hupkonzerte. Es wurde aber auch eine Schweigeminute für die Opfer der Terroranschläge vom 17. August abgehalten.
«Wir fordern das Recht auf Selbstbestimmung. Seit Jahren werden wir von Spanien misshandelt», sagte Joan, der mit Frau und Kindern mit von der Partie war. Zur Grösse der Demonstration sagte er:
Das rührt uns zu Tränen. Die friedliche Mobilmachung eines ganzen Volkes. Als Angehörige einer Nation sind wir sehr stolz.
Das Referendum wurde erst letzte Woche vom Verfassungsgericht untersagt. Ministerpräsident Mariano Rajoy erklärte zudem mehrfach, er werde eine Abspaltung der wirtschaftsstärksten Region Spaniens unter keinen Umständen zulassen. Die Abstimmung werde auf keinen Fall stattfinden, versicherte der konservative Politiker. Die Zentralregierung droht unter anderem mit strafrechtlicher Verfolgung vor allem der verantwortlichen Politiker.
Separatisten geben sich furchtlos
Doch die Separatisten beteuern, man habe keine Angst. Man werde «nicht einen Schritt zurückweichen», erklärte Lluis Corominas, Fraktionssprecher der Allianz Junts pel Sí (Gemeinsam fürs Ja) im Parlament von Barcelona. «Die müssten eine Million Menschen hinter Gitter stecken. Das wäre ja eine Diktatur.»
Der liberale Politiker Puigdemont, dessen separatistische Allianz von der linksradikalen Partei CUP unterstützt wird, zeigte Verhandlungsbereitschaft. «Bis zur letzten Minute können wir über alles reden, wenn Madrid das möchte.» Das Referendum abzusagen sei aber keine Alternative. Kurz vor der Demo sagte Rajoy, er arbeite weiter, «damit der Rechtsstaat sich durchsetzt.»