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Vorgezogene Parlamentswahl Konservative bleiben stärkste Kraft in Portugal

  • Der Sieg der Konservativen von Ministerpräsident Luís Montenegro bei der vorgezogenen Parlamentswahl wurde von einem Rechtsruck begleitet.
  • Die Rechtspopulisten von Chega lieferten sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen um den zweiten Platz mit der Sozialistischen Partei (PS).
  • Vor einem Jahr hatte die PS das südwesteuropäische EU-Land mit absoluter Mehrheit regiert.

«Wir haben das seit 50 Jahren herrschende Zweiparteiensystem getötet», jubelte Chega-Chef André Ventura vor TV-Kameras.

Mann an Redepult mit 'Salvar Portugal' Schild.
Legende: Chega-Chef André Ventura jubelt über das Wahlergebnis. REUTERS / Rodrigo Antunes

Die Partei des Rechtsprofessors hatte erst vor einem Jahr einen Zuwachs von sieben (2022) auf 18 Prozent gefeiert. Nun kletterte sie sogar auf circa 23 Prozent, wie die Wahlbehörde in Lissabon mitteilte.

Auch in Portugal steht eine Brandmauer

Nach Auszählung von rund 98 Prozent aller Wahlbezirke kam Montenegros Bündnis Aliança Democrática (AD) auf gut 33 Prozent der Stimmen. Das sind vier Punkte mehr als bei der letzten Abstimmung von März 2024 und rund zehn Prozentpunkte mehr als PS und Chega jeweils auf sich vereinen.

Doch die absolute Mehrheit von 116 von 230 Parlamentssitzen verpasst die AD erneut deutlich. Eine Zusammenarbeit mit den Rechtspopulisten hatte Montenegro zuletzt weiterhin ausgeschlossen. Die Brandmauer steht am Tejo-Fluss ähnlich stabil wie in Deutschland.

Anders als in Deutschland gilt aber eine Koalition zwischen den beiden Traditionsparteien nahe der Mitte als völlig ausgeschlossen. Portugal winkt deshalb wieder eine instabile Minderheitsregierung.

Dritte vorgezogene Neuwahl seit 2022

Es war bereits die dritte vorgezogene Wahl seit 2022. Die neue Abstimmung war nötig geworden, weil Montenegro im März ein von ihm selbst gestelltes Misstrauensvotum deutlich verloren hatte. Er war von der Opposition aufgrund undurchsichtiger Geschäfte eines Familienunternehmens in Bedrängnis gebracht worden. Alles deutet nun darauf hin, dass die Affäre ihm nicht geschadet hat.

Seit der Abstimmungspleite von Montenegro hat Portugal nur noch eine geschäftsführende Regierung mit begrenzten Befugnissen. Mehrere wichtige Vorhaben liegen bis zur Bildung einer neuen Regierung auf Eis. Darunter die Privatisierung der Fluggesellschaft TAP, an der unter anderem die Lufthansa interessiert ist.

Der AD-Sieg verspricht zwar Kontinuität. Doch die Gespräche zur Bildung der neuen Regierung dürften – wie 2024 – wieder einige Zeit in Anspruch nehmen. Damit Montenegro von Präsident Marcelo Rebelo de Sousa erneut zum Kandidaten auf den Posten des Regierungschefs ernannt wird, müssen mehrere Parteien, darunter die Sozialisten, zusichern, dass sie bei der Abstimmung im Parlament nicht gegen Montenegro votieren werden. Als einzig echter Koalitionspartner kommt für die AD wohl nur die liberale Iniciativa Liberal infrage, die – jedoch mit weitem Abstand – auf Platz vier lag.

Was genau hat die politische Krise ausgelöst?

Bei den Vorwürfen gegen Montenegro geht es um die Firma Spinumviva, die von ihm 2021 gegründete wurde. Das Beratungsunternehmen soll von der Position des Ministerpräsidenten profitiert haben, um Verträge mit Privatfirmen zu unterzeichnen.

Auch wenn dem Wähler die Affäre offenbar weitgehend egal war und im Wahlkampf vor allem Themen wie Einwanderung und Kriminalität im Mittelpunkt standen: Ausgestanden ist sie für Montenegro wohl noch lange nicht. Es ist davon auszugehen, dass die linksgerichtete Opposition weiterhin auf eine parlamentarische Untersuchungskommission bestehen wird. Nach einer anonymen Anzeige beschäftigt sich auch die Staatsanwaltschaft mit dem Fall.

SRF 4 News, 18.05.2025, 21:30 Uhr ; 

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