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Vorherrschaft im Mittelmeer Griechenland rüstet auf

Kampfjets, Helikopter, Kriegsschiffe: Athen lässt sich den Wettstreit mit dem Nachbarstaat Türkei etwas kosten.

Diese Woche sind die ersten sechs von insgesamt 24 französischen Rafale-Kampfjets in Athen angekommen. Die Regierung beschafft sich die Flieger als Teil eines insgesamt zehn Milliarden Euro schweren Rüstungsprogramms, bestehend aus Kampfflugzeugen, Helikoptern und – ebenfalls französischen – Kriegsschiffen.

Die griechische Regierung argumentiert, dass man bereit sein müsse, sich im Falle eines Angriffs zu verteidigen. Dabei hat sie einen Staat ganz konkret vor Augen: das Nachbarland Türkei.

Anstieg der Ausgaben in den letzten Jahren

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In den Jahren 2019 und 2020 kam Griechenland auf Rüstungsausgaben in Höhe von einer halben Milliarde Euro. 2021 waren es schon 2.5 Milliarden, fünfmal so viel. Der Staatshaushalt von 2022 toppt diesen Wert mit Ausgaben in der Höhe von 3.4 Milliarden Euro.

Zusätzlich zur Beschaffung von Rüstungsgütern will die Regierung in Athen auch die Truppenstärke des Militärs ausweiten. Bis im Jahr 2025 sollen 15'000 neue Berufssoldatinnen und -soldaten eingestellt werden.

Konflikte zwischen Griechenland und der Türkei gab es immer wieder, teilweise sind sie auch historisch bedingt. Griechenland war Teil des Osmanischen Reiches und hat seine Unabhängigkeit erst 1830 erlangt, nach einem fast zehn Jahre dauernden Freiheitskampf. In den letzten Jahren haben sich die Konflikte allerdings zugespitzt.

Zank um Gasvorkommen in der Ägäis

Vor allem seit im östlichen Mittelmeer Gasreserven gefunden wurden, von denen sich die Türkei ausgeschlossen fühlt, haben die Drohgebärden von türkischer Seite her zugenommen – dies etwa, wenn die Souveränität griechischer Inseln infrage gestellt wird, von grauen Zonen in der Ägäis die Rede ist und nicht zuletzt mit dem türkisch-libyschen Abkommen, das das Mittelmeer so aufteilt, dass die Türkei sogar vor Kretas Küste nach Erdgas bohren könnte.

Dabei setzt auch die Türkei auf ein starkes Militär. Dieses ist der griechischen Armee auch zahlenmässig ganz klar überlegen, das Land hat neben Rüstungskäufen aus dem Ausland auch eine eigene Rüstungsindustrie. Das lässt die Türkei noch bedrohlicher aussehen.

Griechen fühlen sich von Türkei bedroht

Durch die Aufrüstung will die griechische Regierung auch ein klares Signal senden, dass es die türkische Aggressivität – denn so wird Präsident Recep Tayyip Erdogans Vorgehen in Athen wahrgenommen – nicht dulden wird. Sie will ihn damit in die Schranken weisen.

Gleichzeitig versucht Griechenland dadurch seine Rolle in der Nato – in der die Türkei ebenfalls Mitglied ist – aufzuwerten. Das Land will sich als starker Partner im östlichen Mittelmeer präsentieren.

Nik. Panagiotopoulos (Verteidigung), Nikos Dendias, Jean-Yves Le Drian (Aussenminister), Florence Parly, Verteidigung.
Legende: Im September fand ein griechisch-französisches Spitzentreffen in Paris statt. Keystone

Eine wichtige Rolle spielt dabei noch ein anderes Nato-Mitglied: Frankreich. Die Rafale-Flugzeuge, die Griechenland gekauft hat, die kommen aus Frankreich, und auch die Kriegsschiffe, die die griechische Kriegsmarine bis 2026 erwartet, stammen aus Frankreich. Der Vertrag wurde erst letzten Monat unterschrieben.

Frankreich als Verbündeter im Angriffsfall

Vertreterinnen und Vertreter der beiden Länder haben letzten September in Paris ein bilaterales Verteidigungsabkommen unterzeichnet. Es sieht militärische Unterstützung im Falle eines Angriffs vor, sogar im Falle eines Angriffs eines anderen Nato-Mitglieds. Würde also die Türkei Griechenland angreifen, könnte das EU-Land dank dieses Abkommens mit Hilfe aus Frankreich rechnen.

Frankreich verfolgt zwar eigene geostrategische Interessen und profitiert finanziell vom Rüstungsdeal mit Griechenland. Es stellt sich aktuell innerhalb Europas und auch innerhalb der Nato aber klarer hinter Griechenland als andere. Deshalb sieht Griechenland Frankreich momentan als den grossen Verbündeten in Europa.

SRF 4 News, 19.01.2022, 08:25 Uhr ; 

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