Der einstige Popstar der Partei wird vorderhand als Parteiunabhängiger im Unterhaus sitzen. Vorausgegangen war ein Bericht, der zum Schluss kommt, dass die Partei jahrelang antisemitische Tendenzen in den eigenen Reihen geduldet hat.
Überraschender Rauswurf
Der Untersuchungsbericht und dessen Ergebnisse waren keine Überraschung: jahrelanger Mangel bei der Bekämpfung von Antisemitismus und Einmischung der Parteizentrale bei Beschwerdeverfahren. Doch kaum jemand hatte damit gerechnet, dass der jetzige Parteichef Keir Starmer den Moment nutzt, um mit dem ehemaligen Parteichef Jeremy Corbyn ganz zu brechen.
Am Mittag hatte Corbyn als Reaktion auf den Bericht wiederholt, dass er Antisemitismus zwar verurteile, aber die angesprochenen Probleme als übertrieben und politisch motiviert einstufe. Starmer erklärte daraufhin in einer Pressekonferenz, wer die Untersuchungsresultate als übertrieben einstufe, habe in der Partei unter seiner Führung keinen Platz mehr. Nach dieser Äusserung wurde klar – Corbyn wird suspendiert.
Damit ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Corbyn-Anhänger kündigen auf Twitter bereits an, dass sie diesen Rauswurf nicht akzeptieren, denn dieser sei im Grunde genommen ein Angriff auf den linken Flügel der Partei. Die Parteileitung weist den Vorwurf zurück. Die Partei wird wohl so rasch nicht zur Ruhe kommen.
Corbyn gefeiert wie ein Popstar
Der Sozialist Corbyn hatte die Partei von 2015 bis 2020 stark nach links geführt, weg von der Mitte, wo einst Tony Blair stand. Besonders bei jungen Britinnen und Briten kamen seine Ideen sehr gut an, sie feierten ihn wie einen Popstar. Sehr engagiert war der 71-Jährige auch, wenn es um den palästinensischen Staat ging, mitunter bei diesem Thema wurde ihm Antisemitismus vorgeworfen.
Keir Starmer will sich nicht nur klar von Antisemitismus distanzieren, sondern seine Partei auch wieder mehr in die Mitte führen. Der heutige Entscheid zeigt: Der sonst bedächtig agierende Starmer schreckt dabei vor drastischen Schritten nicht zurück. Viele begrüssen dies und hoffen, die Partei räumt nun entschieden mit den Antisemitismus-Problemen auf.