US-Justizminister William Barr verteidigte letzte Woche in einem CBS-Interview den Rückzieher im Fall Michael Flynn: Er erfülle nur seine Pflicht.
Auf die Frage, wie sein Vorgehen dereinst beurteilt würde, meinte Barr: Eine gerechte Geschichtsschreibung werde festhalten, er habe den Rechtsstaat geschützt und einen ungerechten Prozess gestoppt. Das Justizdepartement interveniert erneut – wie bei Roger Stone – gegen seine eigene Staatsanwaltschaft, um einen angeklagten Alliierten von Präsident Donald Trump zu schützen.
Umstrittene Aussage in Russland-Affäre
Trump spricht beim Flynn-Prozess von «Obamagate». Er glaubt, dass Präsident Barack Obama vor der Amtsübergabe eine Hintertür ins FBI und das Justizdepartement eingebaut hat, um die Trump-Regierung zu Fall zu bringen. Die geheimdienstlichen Russland-Untersuchungen kulminierten in der Mueller-Sonderermittlung. Diese fand keine handfesten Beweise für eine kriminelle Verschwörung der Trump-Regierung mit Moskau.
Sicherheitsberater Flynn stand damals unter Verdacht, mit dem russischen Botschafter in Washington illegale Absprachen getätigt zu haben. Daraufhin wurde er befragt und soll gelogen haben. Neue Dokumente zeigen, dass die Befragung Flynns im Januar 2017 FBI-intern tatsächlich umstritten war, weil sie nicht mit dem Justizdepartement der neuen Regierung abgesprochen war.
Offener Brief von 2000 Mitarbeitern
Doch ein umstrittenes Vorgehen und Coup-Vermutungen rechtfertigen für hochdotierte Rechtsexperten in den USA nicht einen Rückzug der Anklage. Sie sprechen von Gefälligkeitsjustiz und einer Untergrabung des Rechtsstaats durch ein parteiisches Justizministerium. Ein Konsortium von Watergate-Staatsanwälten will den Prozess gegen Flynn weiterziehen.
2000 frühere Mitarbeitende des Justizdepartements warnen in einem offenen Brief vor einer Demontage der Demokratie und fordern Barr auf, zurückzutreten. Sie fragen: Warum greift das Justizdepartement nur ein, wenn es um Freunde Trumps geht?
Bezirksrichter kann Fall weiterziehen
Der Fall liegt nun beim Bezirksgericht in Washington DC. Der zuständige Richter erklärte am Dienstag, er werde zunächst Rat einholen. Letztlich kann er entscheiden, ob der Prozess gegen Flynn weitergeführt wird. Wenn er das tut, wird ihm die Trump-Regierung vorwerfen, dass er einst vom demokratischen Präsidenten Bill Clinton nominiert worden ist.
In der US-Hauptstadt ist der Justizapparat tief in den Strudel der politischen Polarisierung geraten. Wenn das Vertrauen erschüttert ist, wenn das Gift der Parteilichkeit zirkuliert, wankt der Rechtsstaat. Diese Entwicklung sollte anderen Demokratien als Warnung dienen.