Ein Schiff des Aktionsbündnisses Freedom Flotilla Coalition für den Gazastreifen ist nahe der Mittelmeerinsel Malta in Not geraten. Die maltesische Regierung bestätigte, dass kurz nach Mitternacht ein Feuer auf einem Schiff ausgebrochen sei. Die Organisation sprach von einem mutmasslichen Drohnenangriff – möglicherweise aus Israel. Inland-Redaktor Matthias Strasser befindet sich zurzeit auf einem Seenotrettungsboot in der Region und ordnet die Geschehnisse ein.
Was ist vor Malta passiert?
Bekannt ist, dass das Schiff in Tunesien gestartet war. Etwa 25 Kilometer vor Malta ging es in internationalen Gewässern vor Anker. Offenbar sollten Aktivisten von Malta kommend auf das Schiff gebracht werden, bevor dieses dann Richtung Gazastreifen weiterfahren sollte. In der Nacht, gegen 00:30 Uhr, hat die Besatzung des Schiffes dann einen Notruf abgesetzt; es brenne an Bord.
Die Organisation sprach von zwei Explosionen im Bug, an der Spitze des Schiffes. Sie hat auch Videos veröffentlicht, die das Feuer zeigen sollen, das ausgebrochen ist. In das Schiff sei Wasser eingedrungen und es drohe zu sinken, hiess es.
Die maltesischen Behörden erklärten später, man habe den Brand unter Kontrolle gebracht. Die 16 Personen, die an Bord waren, hätten nicht auf einen nahe liegenden Notschlepper umsteigen wollen. Nach meinen Informationen gab es an Bord weder Tote noch Verletzte.
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Bild 1 von 3. Die Vorderseite des Schiffes ist offenbar zweimal getroffen worden, was zu einem Feuer und einem Riss im Rumpf geführt hat. Bildquelle: Reuters / AP, Government of Cyprus.
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Bild 2 von 3. Die maltesische Regierung spricht nicht von einem möglichen Drohnenangriff. Bildquelle: REUTERS.
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Bild 3 von 3. Das Schiff hat einen Notruf abgesetzt, ein Schleppboot ist daraufhin eingetroffen und hat das Feuer gegen 2 Uhr nachts unter Kontrolle gebracht. Bildquelle: Keystone / EPA. MALTA GOVERNMENT PRESS.
Ist die These eines Drohnenangriffs plausibel?
Das ist im Moment schwer zu sagen. Wir können das nicht vor Ort auf dem Schiff überprüfen. Die Aktivisten selbst sprechen von zwei Angriffen mit einer oder mehreren Drohnen. Beweise dafür haben sie bisher nicht vorgelegt. Israel auf der anderen Seite hat nicht auf Fragen von Nachrichtenagenturen reagiert.
Bekannt ist, dass ein israelisches Militärflugzeug in der Nacht in Israel gestartet ist, lange über Malta im Tiefflug unterwegs war und dann ohne Zwischenlandung wieder zurück nach Israel geflogen ist. In der Vergangenheit hatte die Freedom Flotilla Coalition auch schon Kontakt mit dem israelischen Militär.
Die Armee hat unter Berufung auf seine Sicherheitsinteressen immer wieder verhindert, dass Schiffe dieser Organisation den Gazastreifen anlaufen konnten. Bei einer Kommandoaktion des israelischen Militärs 2015 wurden neun Menschen an Bord eines solchen Schiffes getötet.
Der Vorwurf eines Drohnenangriffs ist nicht bewiesen. Aber ganz abwegig scheint die These nicht zu sein. Diverse Organisationen in der Region haben Angriffe auf humanitäre Organisationen in aller Form verurteilt.
Wer ist die Freedom Flotilla Coalition?
Die Coalition ist eine Organisation, die immer wieder versucht, den seit März von Israel abgeriegelten Gazastreifen zu erreichen. Sie will dort nach eigenen Angaben Hilfsgüter ausliefern. Dieses Mal war geplant, dass in Malta eine grosse Zahl weiterer Personen und Aktivisten zusteigen sollte.
Greta Thunberg zum Beispiel, die für ihren Klima-Aktivismus bekannt ist, sagte am Freitag, dass sie sich auf Malta befinde und ebenfalls auf dieses Schiff steigen wollte. Ich würde sagen, das sind humanitäre Helfer, die von einer starken aktivistischen Komponente angetrieben sind und immer wieder mit Israel in Konflikt geraten. Wenn sich der Vorwurf eines Angriffs jetzt bestätigen sollte, dann wäre das sicher eine neue Eskalationsstufe.