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Waffen aus Zweitem Weltkrieg Bomben in Köln nach Grossevakuierung entschärft

  • Nach der grössten Evakuierungsaktion in Köln seit dem Zweiten Weltkrieg haben Kampfmittelräumer drei grosse Bombenblindgänger entschärft. Das teilte die Stadt mit.
  • Gegen 19:19 Uhr hatten Spezialisten des Kampfmittel-Räumdienstes demnach alle Bomben unschädlich gemacht.
  • Strassen und Brücken werden nun nach und nach wieder freigegeben, die Anwohner können in ihre Wohnungen zurückkehren.

Mit Verkehrsbehinderungen müsse noch eine Weile gerechnet werden. Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker dankte allen Beteiligten, «die die grösste Evakuierungsaktion in Köln seit 1945 so herausragend professionell durchgeführt haben».

Kölner Dom, im Vordergrund Autos der Stadt Köln, Absperrung
Legende: Die Evakuierung hatte am Mittwochmorgen begonnen und dauerte bis in den Abend hinein. KEYSTONE/DPA/Thomas Banneyer

Zuvor hatten mehr als 20'000 Menschen ihre Wohnungen in einem 1000-Meter-Bereich rund um die Fundstelle im Stadtteil Deutz verlassen müssen. Betroffen waren unter anderem auch mehrere grosse Unternehmen, neun Schulen und 58 Hotels.

Da mit der Hohenzollernbrücke am Kölner Dom auch die meistbefahrene deutsche Eisenbahnbrücke gesperrt wurde, kam der Bahnverkehr über den Rhein zum Kölner Hauptbahnhof zum Erliegen.

Ein Verweigerer

Ein Bewohner in der Kölner Altstadt hatte sich geweigert, seine Wohnung zu verlassen und damit den Beginn der Entschärfung verzögert. Schliesslich musste auch noch eine Person in Deutz in Sicherheit gebracht werden.

Gleise neben Strasse mit zwei Polizeiwagen, Brücke im Hintergrund.
Legende: Die Kölner Innenstadt wurde grossräumig abgesperrt. Keystone/CHRISTOPH REICHWEIN

In der Sperrzone lagen ein Spital, zwei Alten- und Pflegeheime, viele Museen und der Fernsehsender RTL. Auch der Bahnhof Köln-Messe/Deutz wurde gesperrt. Die Schifffahrt auf dem Rhein muss vorübergehend pausieren. Sogar der Luftraum sollte für den Zeitpunkt der Entschärfung gesperrt werden. Die Kölner City verwandelte sich durch die Evakuierung in eine Geisterstadt.

Köln gehörte zu den am stärksten bombardierten Städten

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Der Zweite Weltkrieg wirkt auch nach über 80 Jahren immer noch in den Alltag von Köln hinein. Im ganzen Bundesland Nordrhein-Westfalen, in dem Köln liegt, würden pro Jahr 1500 bis 2000 Bomben aus dem Zweiten Weltkrieg gefunden, von den grossen Kalibern so wie jetzt in Köln etwa 200 pro Jahr, sagte Kai Kulschewski, Dezernent für Kampfmittelbeseitigung bei der Bezirksregierung Düsseldorf.

Köln gehörte zu den am stärksten bombardierten Städten des Zweiten Weltkriegs. Der einsame schwarze Dom inmitten einer kompletten Trümmerwüste wurde weit über die Stadt hinaus zum Symbolbild für die Zerstörungen des Krieges.

Auf beiden Seiten des Rheins warem Strassensperren rund um den Sperrbezirk errichtet worden. Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Ordnungsamtes kontrollierten Strasse für Strasse, Haus für Haus. Der Fernsehsender RTL sendete vorübergehend aus dem Aussenbezirk Köln-Ossendorf und aus Berlin.

Blick auf die Hohenzollernbrücke und den Kölner Dom über den Rhein.
Legende: Der Kölner Dom sowie der Hauptbahnhof befanden sich nicht im Evakuierungsbereich, wohl aber die auf diese zuführende Hohenzollernbrücke, die meistbefahrene deutsche Eisenbahnbrücke. Mit Beginn der Entschärfung war dann auch die Hohenzollernbrücke gesperrt. Keystone/HENNING KAISER

Die Lanxess-Arena musste einen Auftritt des Komikers Tedros «Teddy» Teclebrhan auf Sonntag verlegen, die Philharmonie ein Konzert des WDR-Sinfonieorchesters absagen. Paare, die im Historischen Rathaus heiraten wollten, mussten für ihre Hochzeit ins wenig glamouröse Köln-Porz ausweichen.

Zentrum wurde gesperrt

Die Sperrung des Zentrums der viertgrössten Stadt Deutschlands mit insgesamt 1.1 Millionen Einwohnern strahlte weit ins Umland aus. Viele Bewohner waren zu Familie oder Freunden ausserhalb der Sperrzone gefahren – oft mit Notfallgepäck im Kofferraum, denn wann sie wieder in ihre Wohnungen zurückdürfen, konnte ihnen niemand sagen.

Wie gefährlich sind die Bomben in Köln?

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Wolfgang Spyra ist Professor für Altlasten an der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg. Er schätzt die Situation in Köln ein.

SRF News: Wie gefährlich sind die Blindgänger?

Wolfgang Spyra: Sie sind besonders gefährlich, weil man nicht sagen kann, wie sicher sie noch sind. So ein Bombenkörper ist aufgebaut mit einer Initialzündung, einer Verstärkerladung, dem sogenannten Booster und der Hauptladung. Irgendwo in dieser Kette ist etwas fehlgegangen, dass der Bombenblindgänger heute noch dort liegt. Das Problem ist, dass zu jeder Zeit damit zu rechnen ist, dass die gesamte Wirkung dieses Kampfmittels abgerufen werden kann.

Wie schwierig ist es, die Blindgänger zu entschärfen?

Die Menschen, die diese ehrenwerte Aufgabe für uns übernehmen, sind sehr erfahren und haben eine lange Ausbildung absolviert. Erstens mussten sie feststellen, was für ein Körper es ist. Hier handelt es sich um US-Fliegerbomben. Man kann in den Annalen nachschauen, welche Zünder dafür infrage kommen und dann weiss man auch, welche Zünder wie gefährlich sind.

Es gibt eine Auswahl von technischen Möglichkeiten, diesen Zünder herauszuarbeiten. Meist schneidet man den Zünder mit einem Hochdruck-Wassestrahlgerät heraus. Wenn er draussen ist, wird er vor Ort gesprengt. Diese Sprengung ist vergleichsweise gering gegenüber dem, was sonst passieren könnte.

Entschärft werden mussten drei Bomben aus dem Zweiten Weltkrieg. Es handelte sich um zwei 20-Zentner-Bomben und eine Zehn-Zentner-Bombe, jeweils mit Aufschlagzündern.

Zwei Kampfmittelräumer sollten die drei Bomben nacheinander entschärfen. Am Ende waren sie schneller als erwartet. Statt der mindestens eineinhalb Stunden – eine halbe Stunde pro Bombe war veranschlagt worden – hatten sie ihr Werk schon nach einer Stunde erledigt.

SRF 4 News, 4.6.2025, 8 Uhr ; 

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