Es ist in Kambodscha offensichtlich, wer heute das Land regiert. Hun Sen, Premierminister, seit 38 Jahren an der Macht, ist allgegenwärtig – abgebildet auf den blauen Plakaten seiner Partei, die praktisch alle Strassen des Landes säumen. Seine Cambodian People’s Party (CPP) hält alle 125 Sitze im Parlament. Daran werden auch die kommenden Parlamentswahlen nichts ändern.
Die «Candlelight Party», die einzige andere, relevante Partei, ist nicht zur Wahl zugelassen. Das hat das nationale Wahlkomitee entschieden. Rong Chhun, Vizepräsident der «Candlelight Party», bezeichnet den Entscheid als Farce. Es geht um ein Gründungsdokument aus dem Jahr 1998, wovon angeblich das Original fehle. Kopien existieren und sind kürzlich vom Innenministerium sogar noch beglaubigt worden. «Das war keine administrative Entscheidung», sagt Rong Chhun, «sondern eine politische Entscheidung.»
Oppositionspolitiker verklagt
Hun Sen und seine CPP dulden in den Wochen vor der Wahl keinen Widerspruch. Oppositionspolitiker und Aktivisten, die sich gegen seine Herrschaft wehren, klagen sie an. Die Gerichte werden von der CPP kontrolliert. Politiker der «Candlelight Party» sind verklagt und festgenommen worden. Viele sind unter dem Druck zur Regierungspartei übergelaufen.
Der Grund für die repressive Haltung: Der 71-jährige Hun Sen bereitet seine Nachfolge vor. Sein ältester Sohn Hun Manet soll übernehmen, entweder nach dieser oder der nächsten Wahl. Er steht im Zentrum einer Generation von Politikern, die 30 Jahre jünger ist als die jetzige.
«Ich glaube, dass da ein Wechsel kommt wie noch nie in den letzten 30 oder 40 Jahren», sagt Virak Ou, Direktor des Thinktanks «Future Forum». «Das bringt viele Unsicherheiten und Risiken, aber auch Möglichkeiten.» Seit dem Ende des kalten Krieges habe sich rund um Hun Sen ein ausgeklügeltes System von Patronage gebildet. Das gehe zu Ende.
Meinungsäusserung eingeschränkt
Doch bis Hun Sen seine Macht abgebe, dürften noch Jahre vergehen. «Auch wenn er nicht mehr der nächste Premierminister ist, wo auch immer Hun Sen hingeht, dort wird sich das Zentrum der Macht befinden», sagt Virak Ou.
Wir haben immer noch Hoffnung, dass wir eines Tages bei der Wahl mitmachen und das Land regieren können.
Vor den Wahlen ist klar: An Hun Sen führt in Kambodscha kein Weg vorbei. Der Raum für freie Meinungsäusserung war selten so klein wie in diesen Wochen. In Kambodscha selbst traut sich kaum jemand mehr, sich offen kritisch zum Regime zu äussern.
«Wir haben immer noch Hoffnung, dass wir eines Tages bei der Wahl mitmachen und das Land regieren können», sagt Rong Chhun von der «Candlelight Party». Das ist unrealistisch, solange Allzeitherrscher Hun Sen die politische Bühne nicht verlassen hat. Kambodscha ist heute ein Einparteienstaat.