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Wahlen in Grossbritannien Boris almighty

  • Die Konservative Partei von Premierminister Boris Johnson hat bei der Wahl in Grossbritannien gemäss offiziellen Angaben die absolute Mehrheit im Parlament errungen.
  • Oppositionsführer Jeremy Corbyn akzeptierte die Niederlage von Labour und kündigte seinen Rückzug von der Partei auf Raten an.
  • Dreieinhalb Jahre nach dem Volksentscheid steht dem Brexit von britischer Seite nichts mehr im Weg.
  • Dies bekräftigte auch Boris Johnson in einer Ansprache vor 10 Downing Street. Ab Montag werde das neue Parlament sein Mandat zum Brexit am 31. Januar erfüllen.

Die Tories um Boris Johnson errangen nach Auszählung fast aller Stimmen 364 von 650 Sitzen (+46) und damit die absolute Mehrheit im Unterhaus. Das ist die grösste konservative Mandatsmehrheit seit dem letzten Wahlsieg der legendären Premierministerin Margaret Thatcher im Jahr 1987.

Dabei profitierten die Konservativen stark vom Mehrheitswahlrecht: Prozentual lagen sie bei 43.6 Prozent, lediglich ein Plus von 1.2 Prozentpunkten gegenüber der Wahl von 2017. Bereits in der Nacht verlieh Boris Johnson seiner Freude über den bevorstehenden Sieg auf Twitter Ausdruck.

Dreieinhalb Jahre nach dem entsprechenden Votum scheint damit der Weg frei für einen Austritt Grossbritanniens aus der EU. Seine Regierung habe «ein machtvolles Mandat erhalten, den Brexit durchzuziehen», verkündete Johnson am Freitagmorgen in seinem Wahlkreis nahe London. Als Termin für den Brexit ist der 31. Januar vorgesehen.

Wir werden den Brexit bis zum 31. Januar vollenden, kein Wenn, kein Aber und kein Vielleicht.
Autor: Boris Johnson Britischer Premierminister

Über das Brexit-Abkommen wollte Johnson entsprechend noch vor Weihnachten abstimmen lassen. Es wurde in London erwartet, dass dies am Samstag in einer Woche sein könnte. Einen offiziellen Termin dafür gibt es noch nicht. Eine Zustimmung gilt als sicher.

Friedensangebot an die Brexit-Gegner

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Boris Johnson hat sich an der Ansprache vor seinem Amtssitz an der Downing Street auch an diejenigen Briten gewandt, die in der EU bleiben wollen. Er erklärte, er werde ihre Gefühle respektieren und mit ihnen eine neue Partnerschaft aufbauen – «als gleichwertige Freunde.»

Der erbitterte Kampf um den Brexit habe nun ein Ende, erklärte er weiter. Im ganzen Land soll nun die Heilung anfangen. Das Land sei gespalten, gab Johnson zu. Er arbeite jedoch daran, das Vertrauen der Wähler zurückzuzahlen.

In einer Ansprache am Nachmittag vor 10 Downing Street betonte Boris Johnson weiter, dass sich die Regierung und das Parlament nun auch auf das marode Gesundheitssystem NHS fokussieren sollen. Das fordere schliesslich die Mehrheit der Briten.

Oppositionsführer Corbyn gibt sich geschlagen

Jeremy Corbyn erkannte die Niederlage von Labour an und kündigte seinen Rückzug von der Partei nach einer Übergangsphase an.

Labour kommt nach den Berechnungen der BBC auf insgesamt noch 203 Mandate (-59). Das ist ein historisch schlechtes Ergebnis.

Die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon wertete den Wahlausgang auf Twitter als «bitter» für das Land. Sie forderte ein neues Unabhängigkeits-Referendum. «Boris Johnson mag ein Mandat haben, England aus der EU zu führen», sagt Sturgeon zu Sky News. «Er hat aber ausdrücklich kein Mandat, Schottland aus der EU zu führen. Schottland muss über sein Schicksal selbst bestimmen.»

Gleichzeitig freute sich Sturgeon über das starke Abschneiden der Schottischen Nationalpartei (SNP). Die sozialdemokratisch und pro-europäisch ausgerichtete SNP gewinnt 48 der 59 schottischen Parlamentssitze (+13).

Die Chefin der britischen Liberaldemokraten, Jo Swinson, verlor ihr Mandat. Das teilte der zuständige Wahlleiter im schottischen Dunbartonshire East mit. Ihr Sitz ging an die Kandidatin der Schottischen Nationalpartei SNP.

Swinson hatte sich dafür ausgesprochen, den Brexit einfach abzusagen. Noch vor wenigen Monaten gab sie das Ziel aus, Premierministerin zu werden. Die Liberaldemokraten gehören mit 11 Sitzen (-1) zu den Verlierern der Wahl.

Zeit für Vertragsaushandlung denkbar knapp

Dem noch von Johnsons Vorgängerin Theresa May ausgehandelten Austrittsabkommen zufolge soll das Land bis Ende 2020 in einer Übergangsphase bleiben. Bis dahin will der amtierende Premier Johnson einen Vertrag über die künftigen Beziehungen mit der Staatengemeinschaft aushandeln.

Die Zeit dafür gilt jedoch als denkbar knapp. Eine Verlängerungsoption um bis zu zwei Jahre, die noch bis Juli 2020 möglich ist, hat der Premier ausgeschlossen. Sollte kein Anschlussabkommen zustande kommen, droht Ende kommenden Jahres wieder ein No-Deal-Szenario.

EU hofft auf Klarheit

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EU-Ratschef Charles Michel hofft im Ringen um den Brexit auf schnelle Klarheit. «Wir erwarten die Abstimmung des britischen Parlaments über das Austrittsabkommen so schnell wie möglich», sagte Michel vor dem zweiten Tag des EU-Gipfels in Brüssel.

Johnson wollte über das Brexit-Abkommen noch vor Weihnachten abstimmen lassen. Es wurde in London erwartet, dass dies am Samstag in einer Woche (21. Dezember) sein könnte. Einen offiziellen Termin dafür gibt es noch nicht. Eine Zustimmung gilt als sicher.

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