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Wahlen in Portugal Das ganz normale dubiose Geschäften

Er war angetreten, um das Vertrauen in sich und seine Regierung direkt beim Volk zu holen. So stellte Portugals Premier Luís Montenegro die Parlamentswahl von diesem Wochenende dar.

Denn das Vertrauen, das hatte ihm das Parlament zuvor entzogen. Mit deutlicher Mehrheit hatte es sich geweigert, den Premierminister weiterregieren zu lassen.

Honorare eine Casinokette

Hintergrund waren undurchsichtige Geschäfte der Familie von Luís Montenegro. Medien hatten im Februar aufgedeckt, dass die familieneigene Beratungsfirma Spinumviva mit Sitz in Montenegros Privathaus noch regelmässig Honorare kassierte. Von einer Casinokette, die unter der Konzession der portugiesischen Regierung Geschäfte macht. Kritiker sehen darin einen klaren Interessenskonflikt.

Die ganz grosse Korruptionsaffäre dürfte dies zwar tatsächlich nicht sein, eine Bagatelle aber auch nicht. Und Luís Montenegro trug das Seine dazu bei, dass die Kritik nicht verstummte: Er widersetzte sich einer seriösen Untersuchung der Affäre. Lieber nahm er Neuwahlen in Kauf, um sich von der Bevölkerung die Absolution für sein Geschäftsgebaren geben zu lassen.

Strategie mit Makel

Die Strategie ist aufgegangen. Für ihn und seine Partei. Die PSD hat die Wahlen deutlich gewonnen, sie hat im Vergleich zu den Wahlen vor einem Jahr sogar noch zulegen können.

Das Ganze hat aber einen grossen Makel. Die Bevölkerung sprach Montenegro das Vertrauen aus, ohne über die notwendigen Kenntnisse zu den Vorwürfen zu verfügen. Denn diese wurden ja bisher gar nicht genau untersucht.

Die Frage muss erlaubt sein: Was ist ein Vertrauensvotum wert, das auf der Basis einer lückenhaften Faktenlage ausgesprochen wird?

Fragwürdige Geschäfte der Politik

Mit dem Finger auf das Stimmvolk zu zeigen, würde aber zu kurz greifen. Die Vermutung liegt nahe, dass viele Stimmende schlicht das Gefühl hatten, dubioses Geschäften sei normal, gehöre halt einfach zur Politik. Denn schliesslich haben sich in den letzten Jahren auch verschiedenste Exponenten anderer portugiesischer Parteien mit fragwürdigen Verstrickungen hervorgetan.

So gesehen ist das angebliche Zeichen des spezifischen Vertrauens in den Premier viel eher ein Zeichen des allgemeinen Misstrauens in die Politik.

Rechtspopulismus profitiert

Wer davon auf lange Frist profitieren kann, das haben diese Wahlen auch gezeigt. Es sind Parteien wie die rechtspopulistische Chega, die sich gerne als anti-elitär inszeniert. Chega hat von allen Parteien am meisten zugelegt.

Luís Montenegros Strategie ist aufgegangen. Aber nur kurzfristig. Langfristig stärkt sie seine Gegenspieler.

Beat Vogt

Auslandredaktor

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Beat Vogt ist SRF-Auslandredaktor und zuständig für die Iberische Halbinsel.

Portugals Premier Luís Montenegro.
Legende: Portugals Premier Luís Montenegro hat sich für die Eskapaden seiner Familie bei den portugiesischen Bürgern die Absolution geholt. Reuters/Violeta Santos Moura

SRF4 News, Heute Morgen, 19.05.2025

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