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Wahlen in Schweden «Schwedendemokraten kommen nicht in die Regierung»

Das Resultat der Wahlen in Schweden führt dazu, dass die Regierungbildung eine komplexe Angelegenheit wird. Dass die eigentlichen Sieger der Wahl, die Schwedendemokraten, in die Regierung kommen, schliesst der Journalist Daniel Alling aber aus.

Daniel Alling

Journalist

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Daniel Alling arbeitet für den schwedischen Rundfunk. Unter anderem war er während vier Jahren als Korrespondent in Berlin tätig.

SRF News: Wie kommt die Unsicherheit in Schweden an?

Daniel Alling: Daran sind wir in Schweden nicht gewöhnt. Die Stimmung war vor der Wahl ungewöhnlich aufgeheizt, und man ist froh, dass die Wahlen vorbei sind. Nun herrscht Unsicherheit, wer die Regierung stellen wird. Das könnte schwierig werden.

Wie reagiert die schwedische Presse auf die Wahl?

Alle rätseln darüber, wer eigentlich der Gewinner dieser Wahlen ist. Die Partei der Schwedendemokraten ist jetzt drittstärkste. Aber das war sie auch nach der vorigen Wahl. Sie haben nur wenige Stimmen mehr bekommen.

Alle haben das Versprechen abgegeben, nicht mit den Schwedendemokraten zusammenzuarbeiten. Aber knickt jemand ein?

Die Sozialdemokraten haben historisch gesehen ein schlechtes Resultat erzielt. Doch es ist nicht so schlecht gekommen, wie erwartet wurde. Bei der grössten bürgerlichen Partei ist es dieselbe Situation. Sie haben ihren Platz als zweitgrösste Partei verteidigt. Auch für sie ist es nicht so schlecht gekommen, wie erwartet wurde. Die Schwedendemokraten sind enttäuscht, weil sie nicht so viele Stimmen erhielten, wie sie erwartet haben.

Aber zufrieden sind die Sozialdemokraten mit diesem Resultat nicht?

Das können sie so nicht. Für die Sozialdemokraten in Schweden ist es ungefähr so wie für die CDU in Deutschland. Sie waren sich gewohnt, die Regierung zu stellen. Sie sind mit Abstand immer noch die grösste Partei Schwedens und die einzige sozialdemokratische Partei – zusammen mit der Labourparty in Grossbritannien – die noch eine grosse Partei ist. Aber die Frage ist, ob sie die Regierung stellen. Wenn sie das schaffen, dann freuen sie sich schon.

Die Schwedendemokraten haben sich vorgenommen, 20 Prozent Wähleranteil zu erreichen. Nun sind es 18 Prozent. Fühlen sie sich trotzdem als Sieger?

Ja, sie sehen sich als Sieger, aber es ist deutlich spüren, dass sie auch ein bisschen enttäuscht sind. Die parlamentarische Lage hat sich nicht deutlich verändert. Es ist nicht sicher, dass die Schwedendemokraten Einfluss in der Politik bekommen. Alle anderen Parteien haben versprochen, nicht mit Schwedendemokraten eine Koalition einzugehen und auch im Parlament nicht mit ihnen zusammenzuarbeiten.

In Schweden sagen alle, es wäre schlecht für die Demokratie, wenn die grossen Parteien zusammenarbeiten, um die Schwedendemokraten von der Macht fern zu halten.

Hätten die Schwedendemokraten noch mehr Stimmen gewonnen, wäre es für die anderen Parteien sehr viel schwieriger gewesen, das auszuschliessen. Das ist für diese Partei natürlich eine kleine Enttäuschung, auch wenn sie sich freuen, dass sie die drittgrösste Partei geworden sind.

Das heisst, Sie gehen davon aus, dass die anderen Parteien sich an ihr Vorhaben halten, nicht mit den Schwedendemokraten zusammenzuarbeiten?

Das wird die grosse Frage. Alle haben das Versprechen abgegeben, nicht mit den Schwedendemokraten zusammenzuarbeiten. Aber knickt jemand ein? Dass die Schwedendemokraten in die Regierung kommen, halte ich für ausgeschlossen. Aber es gibt andere Wege, um zusammenzuarbeiten.

Was spricht gegen eine grosse Koalition?

Wir haben das in Schweden nie gehabt. In Schweden sagen alle, das wäre schlecht für die Demokratie, wenn die grossen Parteien zusammenarbeiten, um die Schwedendemokraten von der Macht fernzuhalten. Das Beste wäre, eine andere Lösung zu finden. Aber mit der jetzigen parlamentarischen Lage ist es schwierig zu sehen, wie diese Lösung aussehen soll. Ich denke, dass es irgendwie zu einer grossen Koalition kommen wird. Mit welchen Parteien, das ist völlig offen.

Heute treffen sich diese Parteien zu ersten Gesprächen. Was erwarten Sie davon?

Nicht so viel. Sie werden in den unterschiedlichen Parteien ausloten, welchen parlamentarischen Weg sie sehen. Das wird auch innerhalb der Parteien schwierig. Ich habe zum Beispiel gestern mit den Liberalen gesprochen und da gibt innerhalb der Partei unterschiedlichen Meinungen. Ein Beispiel ist die Migrationsfrage. Da gibt es unterschiedliche Meinungen in allen Parteien. Und was macht man mit den Schwedendemokraten? Alle werden eine Debatte auch innerhalb der Parteien führen. Ich denke, es wird ungewöhnlich lange dauern, bis wir eine Regierung haben.

Das Gespräch führte Roman Fillinger.

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